Aktuelles Heft der „FOTOGESCHICHTE“: Verletzte Bilder
Die Geschichte der Fotografie ist bisher vor allem entlang heiler, unverletzter Bilder geschrieben worden. Als Referenzabbildungen wurden in Publikationen meist geglückte, möglichst makellose Bildbeispiele verwendet und kaum verwackelte, über- oder unterbelichtete Fotografien, auch selten Bilder, die massive Gebrauchsspuren, etwa Flecken, Einrisse oder gar Löcher aufweisen, von fehlenden, aus dem Blickfeld gerutschten, ab- oder ausgeschnittenen Köpfen ganz zu schweigen. Wenn Störungen und Interventionen thematisiert wurden, dann als vorübergehende, nicht ins Gewicht fallende Defizite, die bald ausgemerzt sein würden. Dabei war die Fotografie schon seit jeher weit entfernt vom „heilen“, perfekten Bild.
Im Mittelpunkt dieses Themenhefts steht ein langer Bildessay, den der Künstler und Bildforscher Elmar Mauch eigens für diese Ausgabe konzipiert hat. Dieser rückt Kratzer, Risse und Flecken, Löcher und Farbkleckse ins Bild. Er folgt den Spuren von Pinseln, Bleistiften und Kugelschreibern, die die Bildoberfläche kommentieren und überschreiben. Verletzte Bilder stellen zentrale Fragen an die Fotografie und ihre Geschichte: Wie verändert sich ein Foto durch den sozialen Gebrauch? Gibt es überhaupt „reine“, von Zeit und Handhabung unberührte und ungetrübte Bilder? Ist das verletzte Bild nicht eigentlich die „Normalform“ der Fotografie? Und schließlich: Was erzählen uns die oft subtilen, oft massiven Eingriffe in die Materialität des Bildes, wenn wir sie nicht als Störungen oder Trübungen sehen, sondern als genuinen Teil seiner Geschichte?
Das aktuelle Heft der „Fotogeschichte“ Jg. 44 (Frühjahr 2024), Nr. 171
Hg. von Anton Holzer und Elmar Mauch
BEITRÄGE
Anton Holzer: Löcher, Schnitte, Kratzer. Verletzte Bilder – Störungen in der Fotografie
Elmar Mauch: VERLETZEN -VERBERGEN – VERSCHWINDEN. Spurensuche im „Archiv der verwaisten Bilder“
Resonanzen schaffen. Ein Gespräch mit dem Künstler, Bildforscher und Anti-Archivar Elmar Mauch