CfP: Abschied von der Wirklichkeit? KI und die audiovisuellen Medien

Filmwissenschaftliche Tagung Universität Hamburg (UHH) und Technische Universität Hamburg (TUHH), 23./24. September 2025, Frist: 15.2.2025

„Nothing you are about to see is real“ – mit diesen Worten beginnt das Handbuch zum KI-Bildgenerator DALL-E 2 auf der Webseite Dallery Gallery. KI-Technologien haben vor Kurzem die Schwelle zur nahezu fotorealistischen Generierung von Bildern und Filmen überschritten. Bereits jetzt verändern sie die Arbeitswelt und Medienproduktion grundlegend – und doch stehen wir vermutlich erst am Anfang dieser Entwicklung. Die langfristigen Auswirkungen auf unsere Gesellschaft, insbesondere auf das Verhältnis von Mensch, Medienbildern und Wirklichkeit, sind derzeit kaum abzuschätzen. Gleichzeitig bietet sich gerade jetzt die Gelegenheit, die Integration dieser Technologie in Medienproduktion, Bildung und gesellschaftliche Kommunikation kritisch zu beleuchten und einen reflektierten, differenzierten und verantwortungsvollen Umgang mit KI zu fördern. Doch welche Konsequenzen hat dieser technologische Wandel für die Produktion, Ästhetik, Rezeption und letztlich für die Kultur audiovisueller Medien? Wie lässt sich der Übergang ins Zeitalter der KI im Spannungsfeld zwischen Fortschritt und Verlust verstehen? Und wie verändert diese Entwicklung unser Bild der Wirklichkeit?

Die Tagung „Abschied von der Wirklichkeit? KI und die audiovisuellen Medien“ lädt Wissenschaftler:innen aus den Film-, Medien- und Kulturwissenschaften sowie angrenzenden Disziplinen dazu ein, sich mit den komplexen Verflechtungen von KI und audiovisuellen Medien auseinanderzusetzen. Der Titel verweist bewusst auf den Übergang von etablierten zu neuen Formen, Techniken und Narrativen – ein Prozess, der Fragen nach Kontinuität, Transformation und Disruption aufwirft. Im Mittelpunkt steht die Trias von Ästhetik, Praxis und Ethik KI-generierter audiovisueller Medien sowie deren Verhältnis zur Wirklichkeit. Ziel der Tagung ist es, die Auswirkungen von KI auf die Medienkultur in verschiedenen Bereichen zu beleuchten und dabei Gefahren und Potenziale aufzuzeigen. Dabei sind unterschiedliche methodische Herangehensweisen und Perspektiven (ästhetisch, ontologisch, praxeologisch, technisch u.a.) ausdrücklich willkommen – sei es zur Analyse des aktuellen Status quo oder zur kritischen Reflexion zukünftiger Entwicklungen.

 

Foto eines Kinosaals von hinten; darüber Schrift

 

Mögliche Beitragsthemen und Fragestellungen sind:

Ontologie und Ästhetik von KI-generierten Filmbildern:
– Welche neuen ästhetischen Möglichkeiten entstehen durch KI-generierte Bilder?
– Wie beeinflussen KI-generierte Effekte und digitale Schauspieler:innen das Verhältnis von Zuschauer:innen und Medienwirklichkeit?
– Welcher Status kommt KI-generierten Bildern zu? Wie lässt sich ihr Verhältnis zur Wirklichkeit im Gegensatz zu anderen Kategorien von Bildern beschreiben?

KI zwischen Autor:innenschaft und personalisiertem Medienkonsum:
– Wer ist eigentlich Autor:in/Schöpfer:in von KI-Bildern?
– Brauchen wir ein neues Autor:innen-Konzept, das über die Idee einer kollektiven oder kollaborativen Autor:innenschaft hinausgeht, zum Beispiel als eine Art ‚instant author‘ oder ‚adaptive author‘, die/der Filme und Serien instantan und hochgradig personalisiert für individuelle Zuschauer:innen generiert?
– Wie müsste der traditionelle Werkbegriff an solche Auflösungs- und Diversifizierungstendenzen angepasst werden?
– Sind hier neue Mensch-KI-Autor:innenmodelle denkbar?

KI und das Publikum:
– Welche Auswirkungen haben diese Entwicklungen auf die Ausbildung neuer Publika, neuer Mediennutzungsformen und Verwendungszusammenhänge?
– Welche neuen medialen Formen, Formate und Genres können entstehen?

Ethik und Recht in der KI-gestützten Filmproduktion:
– Welche rechtlichen/ethischen Fragen wirft der Einsatz von KI im Bereich Film auf?
– Wie lassen sich Verantwortung und Urheberschaft bei KI-generierten Filminhalten bestimmen? Welche Regelungen gibt es bereits und welche wären erforderlich?
– Mit welchen Strategien kann die Reproduktion von Stereotypen und Bias verhindert werden?

KI und die Medienwissenschaft:
– Inwiefern sind bisherige Theorien, Konzepte und Analysewerkzeuge der Medienwissenschaft für die Untersuchung von KI-generierten Bilder noch brauchbar? Inwiefern müssen sie modifiziert oder gar durch neue ersetzt werden?
– Welche Rolle und welche Verantwortung kommt der Medienwissenschaft mit ihren spezifischen Kompetenzen der Differenzierung, der Kontextualisierung und der Historisierung von Medien und Medienphänomen in der aktuellen Situation zu?

Weitere mögliche Themen sind:
– KI und die Drehbuchentwicklung/Storytelling-Modelle
– KI und der Film-Soundtrack
– KI-generierte Wirklichkeiten im Dokumentarfilm
– KI-gestütztes Marketing von Filmen
– KI als Tool in der Postproduktion
– KI als Akteur/eArtist in der Medienproduktion
– KI und die Rekonstruktion und Restauration von Filmen
– KI-generierte Filmkritiken und Meinungsbeeinflussung

Die Tagung soll Raum bieten, aktuelle Forschungsergebnisse und interdisziplinäre Perspektiven zu diskutieren. Wir freuen uns besonders über Beiträge, die theoretische, analytische oder empirische Ansätze miteinbeziehen und einen kritischen Blick auf die Ambivalenzen des KI-Wandels werfen.

 

Beitragsvorschläge
Bitte senden Sie ein Abstract (max. 300 Wörter) sowie eine kurze biografische Notiz (max. 150 Wörter) bis zum 15. Februar 2025 an oliver.schmidt@tuhh.de. Die Konferenzsprache ist Deutsch. Eine Übernahme der Hotel- und Reisekosten wird angestrebt. Zudem ist eine Publikation der Tagungsbeiträge geplant.
Wir freuen uns auf Ihre Beiträge!

Organisiert von:
Institut für Medien und Kommunikation, Universität Hamburg
Institute for Ethics in Technology, Technische Universität Hamburg

Prof. Dr. Thomas Weber (thomas.weber@uni-hamburg.de)
Dr. Oliver Schmidt (oliver.schmidt@tuhh.de)
Jasmin Kermanchi (jasmin.kermanchi@uni-hamburg.de)

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