Motion Comics als Medium für einen emotional-globalhistorischen Perspektivwechsel

 

Das Medium Motion Comic kann in der historisch-politischen Bildungsarbeit vielseitig genutzt werden, um junge Menschen für die Zeitgeschichte zu interessieren. Denn das Medium ermöglicht Perspektivwechsel auf verschiedenen Ebenen und emotionale Zugänge – Aspekte, die in der Vermittlung von komplexen und historischen Zusammenhängen neben der reinen Wissensvermittlung grundlegend sind. Ausgehend vom Projekt „MoCom“ werden in diesem Beitrag zunächst die Bedeutung und Fähigkeit des kreativen Mediums Motion Comic erläutert, um diese dann beispielhaft anhand einzelner Beispiele zu konkretisieren.

Motion Comics sind Comics im Videoformat – oder eine Art Bilderbuch, ergänzt durch Sound und Animation.[1] Zur Anwendung in der historisch-politischen Bildungsarbeit sind im Projekt „MoCom: Motion Comics als Erinnerungsarbeit“ vier davon entstanden. Jeder ca. 15-minütige Motion Comic erzählt jeweils zwei persönliche Geschichten zur Zeit der deutschen Teilung. Für die Produktion arbeiteten junge Menschen mit Zeitzeug:innen, Künstler:innen und Wissenschaftler:innen zusammen.[2]

Motion Comics können durch stilistische und narrative Mittel eine rationale Informationsvermittlung mit einer emotional-persönlichen Ebene verbinden. Denn um komplexe Probleme verstehen und diese für einen Lernprozess nutzen zu können, braucht das menschliche Gehirn nicht nur die rationale Fähigkeit, „sich hineinzudenken“, den Perspektivwechsel als komplexen Denkprozess, sondern in Kombination auch die Fähigkeit, „sich hineinzufühlen“, also Emotion und Empathie.[3] Das kreative Medium des Motion Comics ergänzt genau diese elementaren Ebenen.

Zum einen ermöglicht die Erzählung persönlicher Geschichten von Zeitzeug:innen einen emotionalen Zugang zu zeithistorischen Themen – sowohl über alltäglich erscheinende als auch über dramatische Erzählungen. Dadurch können wir eine Person begleiten und uns selbst dabei stets in Relation zu ihr setzen – wir lernen sie sozusagen kennen. Zum anderen ist die Basis oder auch der Vorteil eines audiovisuellen Mediums die Kombination aus Bild, Bewegung und Sound. Denn gemeinsam schaffen sie eine Erfahrung, die über die visuelle und auditive Ebene hinausgehen kann. Diese multisensorische Wahrnehmung in Ergänzung zu Information und Emotion ist notwendig, um Empathie zu erzeugen. Empathie ist im Gehirn dort zu verorten, wo Sinneseindrücke und Körperempfindungen verarbeitet werden. So können wir uns „hineinfühlen“ und uns gegebenenfalls besser mit Menschen und einer Situation identifizieren.[4] Dies schafft das Medium durch verschiedenste stilistische Mittel.

Zeichnung von Menschen mit Hasenohren an einem Brunnen, die von Menschen mit Wolfsköpfen bedrängt werden.

Im Motion Comic „Die Dichte von Freiheit“ werden Jugendliche von Mitarbeitern der Staatssicherheit auf dem belebten Alexanderplatz umzingelt und anschließend verhört. Die Jugendlichen wurden bewusst durch Hasenohren „entmenschlicht“, um die Surrealität und Hierarchie der Gesamtsituation zu zeigen.
Zeichnung von Marc Buyny / Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn © 2023, https://mocom-memories.de/die-dichte-von-freiheit/ [20.04.2025]

Das Medium erlaubt durch Illustration und Comic-Elemente eine verschwimmende Grenze zwischen Fakt und Fiktion, die aufgrund der offensichtlichen Abstraktion allerdings transparent ist und somit trotz surrealer Elemente keinen Anspruch an eine objektive Wahrheit vermittelt. Entsprechend wahrt das Medium die künstlerische Freiheit, ohne dabei die historische Repräsentation zu verfälschen. Stilabhängig arbeitet das Medium auch mit Verstärkung, Übertreibung und fokussierter Wirkung – Emotionalität kann somit mithilfe von Gesichtsausdrücken, Farbgestaltung und Bildkomposition deutlich transportiert werden. Gleichzeitig ermöglicht die kreative Abstraktion des Mediums auch fiktionale Elemente als emotionale und kontextstärkende Metaphern. Auditive Elemente wie Musik oder Geräusche stützen die jeweilige Atmosphäre und können sogar Körperempfindungen wie Wärme oder Kälte andeuten.

Zeichnung eines Mannes inmitten von Menschen auf einer Treppe

Im Motion Comic „Grenzübertritte“ wird Reza mit anderen Geflüchteten vom Flughafen Schönefeld ausgehend unwissentlich nach West-Berlin abgeschoben. Die Farben, Lichtverhältnisse und Gesichtsausdrücke verstärken die Stimmung von Angst, Ungewissheit und Machtlosigkeit.
Zeichnung von Azam Aghalouie und Hassan Tavakoli / Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn © 2022,
https://mocom-memories.de/grenzuebertritte/ [20.04.2025]

Die Wissenschaftlerinnen Sarah Fichtner und Anja Werner – die das MoCom-Projekt gemeinsam entwickelten und intensiv begleiteten – bezeichnen das Medium sogar als (e-)motion comic. Eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit durch bewegte Bilder kann Emotionen hervorrufen – auch bei den Zuschauenden, die eigene Erinnerungen darin wiederfinden. Entsprechend können Erinnerungen an sich durch die künstlerische Praxis der Erinnerungsarbeit Menschen miteinander verbinden.[5] Durch den Motion Comic, der persönliche Geschichten erzählt, mit Emotionen und Erinnerungen arbeitet und diese anspricht, entstehen „(e-)motion comics in the process of connecting people across divides, time, and space“.[6]

Um genauer darauf einzugehen, wie und auf welchen Ebenen das Medium Menschen im Kontext der historisch-politischen Bildungsarbeit verbinden kann, ist der Begriff „Perspektivwechsel“ hilfreich. Dieser umschreibt im Allgemeinen die Fähigkeit, unsere Sichtweise auf eine Angelegenheit zu verändern bzw. sich in andere Situationen und Personen hineinzuversetzen. Im Bereich der interkulturellen Kompetenz gilt der Perspektivwechsel als grundlegende Fähigkeit, sich in Personen anderer kultureller Prägungen hineinzuversetzen. Und in der historisch-politischen Bildungsarbeit sowie im Geschichtsunterricht findet sich im Sinne der Multiperspektivität der Wunsch nach mehr globalhistorischer Perspektive – insbesondere um einer verstärkten Eurozentrismuskritik Raum zu geben.[7] Zusammengefasst soll der Perspektivwechsel unsere subjektive Wahrnehmung durch weitere Blickrichtungen ergänzen, um ein komplexeres Bild und Verbindungen unabhängig von Unterschieden, Raum und Zeit zu schaffen.

Perspektivwechsel zwischen damals und heute sind notwendig, um Vergangenes verstehen und daraus lernen zu können. Auf unterschiedliche Art und Weise können Motion Comics Vergangenheit und Gegenwart verknüpfen. Durch Sprünge zwischen Geschichten, Orten und Zeiten kann das Medium auch lineare Zeitlichkeiten auflösen und historische Themen damit emotional zugänglicher machen. Verschiedene stilistische Mittel ermöglichen dem Publikum dennoch eine zeitlich-historische und narrative Orientierung. Das Medium kann durch Farbgestaltung beispielsweise parallel bzw. abwechselnd erzählte Geschichten oder Erzählabschnitte, die in unterschiedlichen Zeiten stattfanden, voneinander abgrenzen. Auch können Schwarzblenden, andere Übergänge sowie Einblendungen von Jahreszahlen Zeitsprünge markieren. Doch auch geografische Informationen sind wichtig, um persönliche Geschichten von Zeitzeug:innen in den historisch-politischen Kontext der deutschen Teilung einbetten zu können. Der Ausbau der innerdeutschen Grenze und die (Flucht-)Bewegungen können im Motion Comic in Form von (animierten) Karten verdeutlicht werden.

Gezeichnete Karte von Deutschland 1949

Im Motion Comic „(K)ein Wiedersehen“ verdeutlichen mehrere animierte Karten den Verlauf, die Entwicklung und den Ausbau der innerdeutschen Grenze. Die Zeichnungen sind farblich dem Gesamtkonzept oder der jeweiligen Geschichte angepasst.
Zeichnung von Livia Brocke / Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn © 2023, https://mocom-memories.de/kein-wiedersehen/ [20.04.2025]

Ein wichtiger Fokus im MoCom-Projekt war es, Migrationsgeschichten während der deutschen Teilung zu recherchieren und wenn möglich auch im Motion Comic zu repräsentieren. Deutschland war und ist ein Einwanderungsland. Menschen kamen aus dem Ausland sowohl in die Bundesrepublik als auch in die DDR. Dennoch bestehen weiterhin Forschungslücken bezüglich der Migrationsgeschichte der DDR.[8] Zwei der vier Motion Comics erzählen je eine Geschichte über Migration oder Flucht. Damit schaffen sie eine komplexere Perspektive: Sie reproduzieren nicht das vorherrschende nationalhistorische Narrativ der deutsch-deutschen Teilung, sondern deuten die globalhistorische Einbettung (im Kalten Krieg) zumindest an.

Aspekte der Lebensrealität von jungen Menschen aufzugreifen, ist ein Schlüssel, um junge Zielgruppen in der historisch-politischen Bildungsarbeit zu erreichen. Migrantische Perspektiven stellen einen wichtigen Bezug zur erlebten Gegenwart, zur Lebensrealität her – sowohl aufgrund aktueller Debatten zu Flucht und Migration als auch aufgrund der hohen Zahl an Kindern und Jugendlichen in Deutschland mit eigener (familiärer) Migrationsgeschichte. Damit sich junge Menschen heute für Geschichte interessieren, wäre es sicherlich hilfreich, wenn sie Aspekte ihrer Lebensrealität inklusive der eigenen (Familien-)Geschichte repräsentiert sehen. Wenn (junge) Menschen einen empathischen Zugang zu Themen von Flucht, Migration, kulturellen Unterschieden, Meinungsfreiheit und Demokratie zu Zeiten der deutschen Teilung erlangen, können sie dies gegebenenfalls auch unabhängig von Raum und Zeit – und im Sinne einer demokratiestärkenden Bildungsarbeit – auf die Gegenwart übertragen. Motion Comics können in der Bildungsarbeit als Ausgangspunkt genutzt werden, um den interkulturellen Perspektivwechsel, den die Erzählung selbst ggf. schon anbietet, zu vertiefen und fortzuführen.

Zeichnung eines Handy-Displays, auf dem eine Demonstration und syrische Fahne zu sehen ist.

Im Motion Comic „Ankommen“ verfolgt der Protagonist Isi zum Schluss aus der Gegenwart die Nachrichten über den Bürgerkrieg in seiner Heimat Syrien. Das offene Ende ohne Happy End wirkt besonders emotional in Kombination mit der tatsächlichen Stimme des Zeitzeugen.
Zeichnung von Marc Müller / Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn © 2023, https://mocom-memories.de/ankommen/ [20.04.2025]

Das Potenzial des Mediums Motion Comic zum Perspektivwechsel ist nicht auf das fertige Produkt selbst beschränkt, wenn bereits der Produktionsprozess Teil der Bildungsarbeit selbst ist. Im MoCom-Projekt äußerte sich dies insbesondere durch den kollaborativen und partizipativen Ansatz. Für die Motion Comics sammelten Jugendliche und junge Erwachsene möglichst im eigenen Umfeld persönliche Erinnerungen an Erlebnisse während der deutschen Teilung. Sie entwickelten daraus die Narrative und erstellten schließlich ein Manuskript in Form eines Drehbuchs, das von unterschiedlichen Künstler:innen visuell umgesetzt worden ist. Während des gesamten Prozesses waren die Zeitzeug:innen bzw. Protagonist:innen so intensiv wie gewünscht und möglich in die einzelnen Produktionsphasen[9] involviert. Der Austausch und die gemeinsame Reflexion ermöglichten in solch einem Kontext einen intergenerationellen und auch interfamiliären Perspektivwechsel. Durch ihr Mitwirken an den Motion Comics betrachteten die Zeitzeug:innen ihr eigenes Erlebnis beispielsweise aus einer neuen (ggf. „erwachsenen“) Perspektive.

Jeder Motion Comic ist stilistisch anders, erzählt aber immer zwei persönliche Geschichten zu einem gemeinsamen Themenschwerpunkt. Die beiden Geschichten wechseln sich ab. Indem sie einander gegenübergestellt bzw. miteinander verwoben sind, eröffnet bereits diese Erzählstruktur einen Perspektivwechsel.

Im Motion Comic „Grenzübertritte“ werden zwei verschiedene Fluchtgeschichten erzählt. Eine Frau flieht mit ihrem Baby aus der DDR und versteckt sich in einem LKW-Verschlag, um unentdeckt über die ungarische Grenze zu gelangen. Ein junger Iraner fliegt nach Ost-Berlin, um von dort in die Bundesrepublik zu kommen. Beide Protagonist:innen nutzen damals gängige und bekannte Fluchtrouten und Transitstationen – genauso wie Menschen auf der Flucht sich heute auch an Erfahrungswerten und aktuellen Grenzpolitiken orientieren. Aufgrund von Parallelen zu heutigen Fluchten und Berichterstattungen wecken die Geschichten Assoziationen in Form von Bildern und Gefühlen. Der Video-Abspann bezieht sich sogar ganz konkret auf die gegenwärtige Situation an den europäischen Außengrenzen.

Zeichnung eines Mannes, der eine Lastwagenplane für eine Frau mit Baby auf dem Arm hochhält.

Zeichnung aus dem Motion Comic „Grenzübertritte“ von Azam Aghalouie und Hassan Tavakoli / Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn 2022 ©, https://mocom-memories.de/grenzuebertritte/ [20.04.2025]

Der Motion Comic „Die Dichte von Freiheit“ erzählt zwei Geschichten rund um den Ostberliner Alexanderplatz. Beide Protagonist:innen werden plötzlich mit der Staatsmacht der DDR konfrontiert und kommen ins Grübeln. Sie machen somit den Prozess des Sich-Erinnerns transparent, wodurch auf den Konstruktionscharakter von Geschichtserzählung und -repräsentation hingewiesen wird. Die Zeitzeug:innen selbst sprechen die Erzählstimme und kommentieren aus der Gegenwart heraus die vergangene Geschichte als Erinnerung. Geschichte wird hier also explizit subjektiv erzählt. Zeitzeug:innen-Aussagen als Quelle werden dadurch kritisch verortet. Der Motion Comic hebt dies nochmal deutlich hervor, indem Erinnerungslücken und fehlerhafte Details – also das selektive, subjektive und sich permanent verändernde Gedächtnis – sichtbar gemacht werden. Hierfür ist das Medium beispielsweise mithilfe von Animation sehr gut geeignet, denn durch die Zeichnungen wird deutlich, dass es sich nicht um eine Abbildung der Wirklichkeit, sondern um künstlerische Interpretationen handelt.

Zeichnung von drei Männern auf einem Platz; einer hat eine Gitarre umgehängt.

Zeichnung aus „Die Dichte von Freiheit“ von Marc Buyny / Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn 2023 ©,
https://mocom-memories.de/die-dichte-von-freiheit/ [20.04.2025]

Der Motion Comic „(K)ein Wiedersehen“ erzählt zwei Geschichten, die an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeitpunkten spielen. Beide handeln davon, wie sich die innerdeutsche Grenze auf Freundschaften und Familien auswirkte. Das Gesamtnarrativ verzichtet auf eine historisch-chronologische Anordnung, wodurch ein Fokus auf gemeinsame emotionale Aspekte der Geschichten möglich ist. Dieser Motion Comic verdeutlicht in besonderem Maße, wie die besagte Kombination aus Bild, Ton und Erzählung beim Zuschauen andere sensorische Wahrnehmungen weckt. Eine Geschichte spielt im Frühsommer und ist in einem rötlichen Farbton gehalten – bei Minute 6:45 kann man warmen Fahrtwind, den Geruch von Blumenwiesen und Moped-Abgasen sowie eine jugendliche Abenteuerlust erahnen. Im Gegensatz dazu steht die zweite Geschichte, die im Winter spielt und in Blau gehalten ist – die nasse Kälte, Angst und Anspannung ist ab Minute 5:15 spürbar.

Zeichnung eines Mannes, der bis zum Oberkörper im Wasser steht.

Zeichnung aus „(K)ein Wiedersehen“ von Livia Brocke / Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn 2023 ©,
https://mocom-memories.de/kein-wiedersehen/ [20.04.2025]

Der Motion Comic „Ankommen“ erzählt zum einen Ismails Geschichte. Er kommt aus Syrien zum Studium in die DDR und baut sich später mit seiner deutschen Frau in Syrien ein Leben auf. Letztlich fliehen sie vor dem Bürgerkrieg in Syrien ins wiedervereinigte Deutschland. Zum anderen erzählt der Motion Comic eine innerdeutsche Migrationsgeschichte, nämlich die von Conni: Sie setzt sich 1989 für Veränderungen in der DDR ein und entscheidet sich nach der Wiedervereinigung, Leipzig zu verlassen und nach Mainz „in den Westen“ zu ziehen. Der interkulturelle Perspektivwechsel in diesem Motion Comic bezieht sich gleichermaßen auf deutsch-deutsche und deutsch-syrische kulturelle Unterschiede. Dass beide Protagonist:innen mit Vorurteilen und Annahmen über ihre Heimat konfrontiert sind und einen lebenslangen Prozess des Ankommens in ihren Biografien verbinden, vereint die Geschichten. Die Erzählung endet im Heute, verknüpft einerseits deutlich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und andererseits unterschiedliche kulturelle Blickwinkel.

Zeichnung einer Frau und eines Mannes an einem Tisch, denen sich Hände mit Papieren etc. entgegenstrecken; darüber Sprechblasen mit Bildern.

Zeichnung aus „Ankommen“ von Marc Müller / Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn 2023 ©,
https://mocom-memories.de/ankommen/ [20.04.2025]

Die im MoCom-Projekt entstandenen Motion Comics laden die Zuschauenden dazu ein, sich in die Protagonist:innen hineinzuversetzen und mitzufühlen, auch wenn die Erzählungen zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort und von einer anderen Person (die kulturell anders geprägt ist) erlebt worden sind. Denn das Medium erzeugt einerseits durch multisensorische stilistische Mittel Emotionalität und Empathie und knüpft andererseits narrativ an universelle Themen an, die Menschen weltweit beschäftigen (Freundschaft, Familie, Jugend, Verlust, Freiheit, Heimat/en).

Gleichzeitig erlauben erzählte Migrationsgeschichten einen globalhistorischen und auch interkulturellen Perspektivwechsel. Sie schaffen Zugänge zur heutigen Lebenswelt einer jungen Zielgruppe, was für die politisch-historische Bildungsarbeit wichtig ist. Zwar können Motion Comics persönliche Geschichten durchaus historisch kontextualisieren – in erster Linie schaffen sie aber emotionale Zugänge. Dadurch können sie neugierig machen und junge Menschen motivieren, sich intensiver mit einzelnen Thematiken auseinanderzusetzen, weitere Quellen heranzuziehen und auch im eigenen Umfeld nach Erlebnissen während der Zeit der deutschen Teilung zu fragen.

 

 

[1] Das Medium Motion Comic unterscheidet sich vom Animationsfilm vor allem durch den reduzierten Einsatz von Bewegung. Animationen und Motion Design werden entsprechend gezielt und sparsam verwendet, wodurch auch insgesamt weniger Zeichnungen erforderlich sind.

[2] Die Motion Comics werden mit dazugehörigen pädagogischen Begleitmaterialien in der (außer-)schulischen Bildungsarbeit eingesetzt und stehen online frei zur Verfügung: https://mocom-memories.de/ [20.04.2025]. Das MoCom-Projekt wurde organisiert und finanziert von der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt/Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn; sowie im Rahmen des Bundesprogramms „Jugend erinnert“ gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

[3] Philipp Kanske, Empathie und Perspektivübernahme: Wie soziale Fähigkeiten aufgebaut sind, Pressemitteilung Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, 09.11.2020, https://www.cbs.mpg.de/wie-soziale-faehigkeiten-aufgebaut-sind#:~:text=Empathie%20und%20die%20Perspektive%20des%20anderen%20einnehmen%20k%C3%B6nnen%20%E2%80%93 [20.04.2025].

[4] Marisa Gierlinger, Empathie: So wichtig ist unser Einfühlungsvermögen, in: ARDalpha, 12.04.2023, https://www.ardalpha.de/wissen/psychologie/empathie-einfuehlungsvermoegen-mitgefuehl-emotion-psychologie-neurobiologie-gehirn-100.html [20.04.2025].

[5] Vgl. Sarah Fichtner/Anja Werner, A Case Study in Public History of the (e-)Motion Comic „Ghost Train – Memories of Ghost Trains and Ghost Stations in Former East and West-Berlin“, in: Mnemo ZIN/Iveta Silova/Nelli Piattoeva/Zsuzsa Millei (Hg.), (An)Archive: Childhood, Memory, and the Cold War, Cambridge 2024, S. 351-369, hier S. 365, https://www.openbookpublishers.com/books/10.11647/obp.0383/chapters/10.11647/obp.0383.15 [20.04.2025].

[6] Ebd., S. 367.

[7] Vgl. Philipp Bernhard/Susanne Popp, Erste Schritte auf dem Weg zu globalgeschichtlichen Perspektiven im Geschichtsunterricht – Drei Interventionen, in: Lernen aus der Geschichte, 29.04.2021, https://lernen-aus-der-geschichte.de/Lernen-und-Lehren/content/15048#:~:text=Die%20Lernenden%20sollen%20erstens%20globale%20%C3%9Cberblicke%20%C3%BCber%20die [20.04.2025].

[8] Siehe u.a. die Online-Konferenz der Deutschen Gesellschaft e.V. „Vergessene Geschichte(n): Migrantische Erfahrungen in der DDR und im vereinten Deutschland“, 07.07.2021, weitere Informationen auf der Website: https://www.deutsche-gesellschaft-ev.de/veranstaltungen/konferenzen-tagungen/1411-konferenz-vergessene-geschichte-n.html [20.04.2025].

[9] Einige Protagonist:innen wirkten mit beim Korrekturlesen und Einsprechen des Manuskripts, steuerten Fotos für die Künstler:innen als visuelle Orientierungen bei, gaben Rückmeldungen zu den Zeichnungsentwürfen.

 

 
 

 

Zitation


Lisa Hölscher, Motion Comics als Medium für einen emotional-globalhistorischen Perspektivwechsel, in: Visual History, 05.05.2025, https://visual-history.de/2025/05/05/hoelscher-motion-comics/
DOI: https://doi.org/10.14765/zzf.dok-2861
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