Ausstellung: „Ich würde sofort wieder in die Kohle gehen …“

Christina Glanz. Fotografien einer Transformation – Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte 29. September 2023 bis 24. März 2024

Kohlewerker:innen in dem Moment, in dem sie ihre Kündigung erhalten; Gruppenfotos der letzten Schicht; Porträts von Kohlearbeiter:innen; Leerstellen, wo einst gewaltige Maschinen standen; Jugendliche in der vormilitärischen Ausbildung in der DDR Mitte der 1980er Jahre oder die Jugend in Lauchhammer Anfang der 2000er Jahre: Christina Glanz thematisiert in sechs Serien mit teilweise noch nie gezeigten Aufnahmen das Ende der fossilen Energiegewinnung in einer Zeit der radikalen politischen und sozialen Transformation in der Niederlausitz in intimen Porträts von Menschen und Maschinen.

Porträt einer Arbeiterin mit Kopftuch in einer Fabrik

Christina Glanz: Aus der Fotoserie: In den Brikettfabriken, 1992-1994 ©

Christina Glanz arbeitete seit Mitte der 1980er Jahre als freischaffende Fotografin unter anderem im VEB BKK Lauchhammer (Volkseigener Betrieb Braunkohlenkombinat Lauchhammer). Bis 1990 produzierten die Kohle- und Brikettwerke in Lauchhammer täglich Tausende Tonnen von Briketts und versorgten einen erheblichen Teil der DDR mit Energie. Nach der Auflösung der DDR ging die hundertjährige Tradition der Braunkohleveredlung in Lauchhammer abrupt zu Ende, als die gesamten Anlagen – praktisch über Nacht – geschlossen und in den Folgejahren vollständig „saniert“, das heißt abgerissen wurden. Die letzten Spuren der Anlagen verschwanden mit der offiziellen Schließung am 21. Oktober 1994. Das Areal der Brikettfabriken 66 und 69 wurde nach der Stilllegung 1992 von denselben Arbeiter:innen abgebaut, die Jahrzehnte dort gearbeitet und ihre Existenzgrundlage mit der Schließung verloren hatten. Übrig geblieben sind einzig die „Bio-Türme“, die als Industriedenkmal aktuell eine kulturelle Nutzung erfahren.

Im Jahr 2001 entstanden auf dem ehemaligen Areal der Brikettwerke neue Fabrikhallen für Rotorblätter von Windanlagen der dänischen Firma „Vestas“. Mittlerweile hat auch Vestas nach zwanzig Jahren Produktion Lauchhammer verlassen und Platz für den Hersteller von Autobatterien „SVolt“ aus China gemacht. Brandenburg als Energiestandort – von der Kohle über Windkraft bis zur Elektromobilität: undenkbar ohne die Frauen und Männer aus der Kohle, die über Jahrzehnte das Land mit Energie versorgten.

Mit Sensibilität und dem Vertrauen, das Christina Glanz während ihrer langen Aufenthalte in den Werken, in der Kantine, am Kaffeetisch mit den Arbeiter:innen über die Jahre aufbaute, hat sie Aufnahmen von zeitloser Relevanz geschaffen. Ihr kristalliner Umgang mit der Wirkung der Fotografie gewährt einzigartige Einblicke in diesen Transformationsprozess: die Vielschichtigkeit und die Ambivalenz in der Auseinandersetzung mit Arbeit, Identität, Macht, Ökologie und Gesellschaft.

Glanz’ Fotografien zeigen Höhen und Tiefen im Umgang mit elementaren gesellschaftlichen, politischen und sozialen Umbrüchen und sind heute aktueller denn je.

Ein gemauerter Fußboden mit einem Restfundament

Christina Glanz: Aus der Fotoserie: Maschinenplätze, 1995 ©

Begleitprogramm zur Ausstellung

Die., 03.10.2023, 11.30 Uhr: Der Dritte Blick – Dialogführung mit Christina Glanz und Anne Heinlein

Die., 24.10.2023, 10 Uhr: Ferienworkshop – Fotocollagen gestalten

Die., 07.11.2023, 18 Uhr: Buchvorstellung: „Rechte Gewalt. Aktuelle Analysen und zeithistorische Perspektiven aufs Land Brandenburg“

Die., 12.12.2023, 18 Uhr: Gespräch: Morgenland Brandenburg – von der Kohle zum Wein zum Welterbe?

Die., 06.02.2024, 10 Uhr: Ferienworkshop – Fotocollagen gestalten

Mi., 07.02.2024, 10 Uhr: Ferienworkshop – Fotocollagen gestalten

 

Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte:

Christina Glanz. Fotografien einer Transformation, 29.09.2023 – 24.03.2024

Kutschstall, Am Neuen Mark 9, 14467 Potsdam

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