CfP: Homo pictor. Bildwissenschaft und Archäologien im Dialog
Eine Tagung des Instituts für Archäologische Wissenschaften, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, 28.–30. Juni 2018
1961 erklärte Hans Jonas die Befähigung zum Bildermachen zur differentia specifia des Menschen. Mit seinem Begriff des homo pictor macht Jonas auf die kulturanthropologische Dimension und die grundsätzliche Bedeutung aufmerksam, die dem Zusammenhang zwischen Menschen und Bildern zukommt.
Die Analyse und Interpretation von Bildern hat daher auch in den Archäologien nicht ohne Zufall einen hohen Stellenwert und eine lange Tradition. Ein großer Teil der materiellen Reste vergangener Kulturen ist Träger von Bildern, die maßgeblich zum Verständnis jener beitragen können. Dem entsprechend gibt es ein breites Spektrum an bildanalytischen Methoden, mit denen Antworten auf verschiedenste Fragestellungen gesucht werden. Diese Methoden beruhen teilweise auf Konzepten der Kunstgeschichte, haben sich jedoch innerhalb der Archäologien oft weitgehend autonom ohne Bezüge nach außen entwickelt. Ein Theoriehintergrund, der es möglich machen würde, von einer systematischen speziellen oder historischen Bildwissenschaft zu sprechen, liegt allerdings nicht vor.
Die Tagung möchte der Frage nachgehen, ob die gegenwärtigen trans- und interdisziplinären Arbeiten zum Phänomen des Bildes und seiner Wahrnehmung, die sich seit den Wenden zum Bildlichen mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Vorgehensweisen unter den Bezeichnungen Bildwissenschaften und Visual Culture Studies vielfältig entwickeln, für die archäologischen Theorie- und Methodenkomplexe eine Bereicherung darstellen können. Umgekehrt kann die Frage gestellt werden, ob nicht die Archäologien aufgrund ihrer weitreichenden Erfahrungen mit Bildern und ihren umfangreichen Materialcorpora einen deutlich größeren Beitrag zur Entwicklung einer Allgemeinen Bildwissenschaft und der Visual Culture Studies leisten könnten, als dies bisher der Fall ist, zumal ihr Forschungsgegenstand bis auf den Ursprung der Menschen und der Bilder und ihres Verhältnisses zueinander zurückgeht. Im Mittelpunkt der Tagung sollen daher vor allem folgende Fragen stehen:
– In welcher Weise können Theorien und Methoden der Bildwissenschaften und der Visual Culture Studies für die Archäologien fruchtbar gemacht werden?
– Welches zusätzliche epistemische Potential für die Erforschung von (Bild-)Kulturen könnte sich hieraus ergeben?
– Können damit möglicherweise gängige Interpretationsmuster hinterfragt oder dekonstruiert werden?
– Welche Bildbegriffe bieten sich für archäologische Analysen an?
– Wie kann ein Zusammenhang zwischen materieller Kultur und Bildkultur konzeptualisiert werden?
– Welchen Beitrag können die Archäologien zur Entwicklung einer Allgemeinen Bildwissenschaft und den Visual Culture Studies leisten?
Die vom Institut für Archäologische Wissenschaften der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg veranstaltete Tagung wird Vorträge zu den zentralen Fragestellungen mit der Möglichkeit zu ausführlicher Diskussion anbieten. Gesucht sind sowohl Vorträge, die sich mit den genannten Fragestellungen grundsätzlich theoretisch auseinandersetzen, als auch solche, die mögliche Antworten anhand konkreter Befunde erarbeiten. Eine Beschränkung auf bestimmte Epochen oder Kulturen ist nicht vorgesehen. Die Tagungsbeiträge sollen publiziert werden. Vorschläge für Vorträge (30 Minuten) in Deutsch oder Englisch können bis zum 28. Februar 2018 per Email an Jacobus Bracker
jacobus.bracker@archaeologie.uni-freiburg.de
gesendet werden. Neben Nachwuchswissenschaftler/innen und etablierten Forscher/innen ermuntern wir dazu ausdrücklich auch junge Forschende, die sich noch im Studium befinden. Die Abstracts brauchen eine Länge von etwa 300 Wörtern nicht zu überschreiten. Außerdem wird um Einsendung eines wissenschaftlichen Kurzlebenslaufs gebeten.
Eine Beteiligung an den Reise- und Unterbringungskosten der Referierenden kann noch nicht zugesagt werden. Die Teilnahme an der Tagung ist kostenlos. Tagungsort: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Homo pictor. Image studies and archaeology in dialogue
A Conference of the Institute for Archaeological Studies, University of Freiburg, 28–30 June 2018
Call for Papers
In 1961 Hans Jonas identified the ability to make images as a differentia specifia of humans. The term homo pictor refers to the cultural anthropological dimension and the fundamental importance of the relationship between images and humans.
It is not by accident, then, that analysis and interpretation of images are of great significance in the archaeological disciplines. Many material remains of past cultures carry images or pictorial elements that are invaluable in the interpretation of these cultures. Correspondingly, there is a broad spectrum of analytical methods that are employed to answer a variety of questions. While some of these methods of image analysis have their conceptual foundation in art history, others have been developed autonomously within the field of archaeology and without reference to interdisciplinary discourses. A consistent theoretical framework that would allow for a systematic conceptualisation of a discipline-specific or historic study of images in archaeology has not yet been articulated.
Since the pictorial and the iconic turn there has been a vast trans- and interdisciplinary research on images and their perception under the categories of image science (Bildwissenschaften) and visual culture studies. The conference seeks to explore whether and how these contemporary developments can contribute to theories of the image and methods of image analysis within archaeology. Reciprocally, it will also be asked in what ways archaeology – due to its large material corpora and long scholarly tradition – could make a considerably larger contribution to the fields of image and visual culture studies than acknowledged to date – especially as the object of its research reaches back to the origins of humans and images and their relationship. This gives rise to a number of questions that the conference seeks to explore:
– How can theories and methods of image science and visual culture studies be translated and adapted for uses within archaeology?
– What additional epistemic potentials for the research into visual/image cultures is opened up by such interdisciplinary approaches?
– How might such approaches challenge or deconstruct established patterns of interpretation?
– What concepts of the image and/or the picture emerge as particularly productive for archaeological analyses?
– How can the interdependency of material and visual/image culture be conceptualised?
– What contributions can archaeology make towards the development of image and visual culture studies?
The conference, organised by the Institute for Archaeological Studies at the University of Freiburg, will offer ample opportunities for detailed discussions around these central questions. We are looking both for contributions that address the above from a theoretical perspective and for those that develop responses on the basis of concrete archaeological records. There is no limitation to specific periods or cultures. Proposals for papers (30 minutes) in German or English should be sent to Jacobus Bracker
jacobus.bracker@archaeologie.uni-freiburg.de
by 28 February 2018. Abstracts should not exceed 300 words and should also include a short academic CV. We welcome proposals not only from established scholars but also in particular from early career researchers and students. A publication of the papers is planned.
Funding of speakers’ travel and accommodation expenses cannot currently be guaranteed. However, the participation in the conference is free of any charge. The conference will take place at the University of Freiburg.