CfP: Die Empirik des Blicks. Bedeutungszuweisungen wissenschaftlicher Expeditionsfotografie

Workshop: Deutsches Schifffahrtsmuseum Bremerhaven 3.-4. Dezember 2020 / Deadline CfP: 15.07.2020

Auf Forschungsexpeditionen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts entstanden zahlreiche fotografische Dokumentationen und Bildersammlungen. Weit über eine Heroisierung in der Öffentlichkeit hinausgehend, sind diese bildlichen Quellen als Datenerhebungen der modernen empirischen Wissenschaften im Verwissenschaftlichungsprozess des 19. Jahrhunderts zu verstehen und zeigen die Bedeutung bildlicher Überlieferungen im „Visuellen Jahrhundert“ auf.

Ab den 1850er Jahren erfolgte das wissenschaftliche Sammeln und Erheben von „Daten“ vielfach über abbildende/bildlich registrierende Verfahren. Beispielsweise „verzeichneten“ und erfassten Naturforschende die spezifischen Erscheinungsformen von Flora und Fauna in Zeichnung und Fotografie und entwickelten wissenschaftsbegleitende fotografische Praxen. Fotografischen Aufzeichnungen wurde in den unterschiedlichsten Disziplinen Relevanz zugesprochen, darunter Meteorologie, Glaziologie, Botanik, Biologie, Geologie, Geodäsie, Archäologie, Europäischer und Außereuropäischer Ethnologie und Anthropologie. Auch die Kunstgeschichte erkannte die Chance wissenschaftlicher Fotokampagnen. In dieser visuellen Vermessung der Erde und der menschlichen Kulturen durch Expeditions- und Forschungsreisen spielte zudem das Schiff eine große Rolle, denn es ermöglichte den Forschenden das Erreichen ihrer Einsatzgebiete, diente vielfach aber auch als Laboratorium wissenschaftlicher Praxis.

Der Workshop hat einen interdisziplinären Austausch in der Schnittmenge von Fotografie und Wissenschaftsgeschichte zum Ziel. Hierbei soll ein bildwissenschaftlicher, kunsthistorischer Ansatz, der vor allem an der Eigengesetzlichkeit fotografischer Bilder als autonome Zeichensprache interessiert ist, durch eine Analyse zugehöriger, bedeutungsgenerierender, in Wert setzender Narrative und Ego-Dokumente ergänzt werden, in denen fotografische Aufzeichnungen durch textliche Überlieferungen spezifiziert und in einen bestimmten Sinnzusammenhang gestellt wurden.

Der Workshop diskutiert anhand archivalischer Quellen aus den beteiligten Sammlungen, Archiven und Institutionen, wie fotografische Bildsammlungen wissenschaftlich erläutert und genutzt wurden und vor allem, mittels welcher Argumentationsfiguren sie in visuelle „Belege“ überführt wurden.

In diesem Zusammenhang sollen übergreifende „Kulturtechniken“ beschrieben werden, mit denen die Forschenden unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen den fotografischen Bildern eine tiefere Sinnhaftigkeit zuschrieben. Mit welchen Narrativen und intermedialen Verknüpfungen wurden fotografische Bildquellen in die wissenschaftliche Theoriebildung eingebunden, und wie wurden sie als „Wert der Vergangenheit“ im wissenschaftlichen Kontext als „Evidenzmittel“ verstanden, legitimiert und produktiv gemacht? Welche Formen der Zuschreibung von Werten, Aussagen und Interpretationen der visuellen „Evidenzen“ wurden entwickelt, um die vermeintlich mechanischen Abbilder der Natur „zum Sprechen“ zu bringen?

Ziel des Workshops und der Zusammenführung von Einzelanalysen ist es, unterschiedliche Kulturtechniken der wissenschaftlichen Interpretation und Inwertsetzung fotografischer Bilder als Muster epistemischer Zuschreibungen zu erkennen und zu definieren. Der Workshop im Rahmen des Leibniz-Forschungsverbundes „Historische Authentizität“ will Grundlagen für die weitere Zusammenarbeit des geplanten Forschungsverbundes „Wert der Vergangenheit“ legen. Gemeinsam erarbeitete begriffliche Abgrenzungen, Definitionen und Spezifizierungen bereiten die Arbeit des Netzwerkes vor.

Unbekannter Fotograf: Behne und Brunswig auf Entdeckungsfahrt, o. D. in: Erinnerungsalbum des Korvettenkapitäns Hermann Brunswig, Archiv DSM III A 00062

Organisatorischer Ablauf
Wir freuen uns auf Ihre Einsendung thematischer Vorschläge (abstract von bis zu 400 Worte, kurzes CV) bis zum 15. Juli 2020.

Einladungen erfolgen Ende Juli; die Teilnehmer*innen werden darum gebeten, ihre Beiträge (bis 37.000 ZmL) bis zum 20. November schriftlich auszuarbeiten und in einem zusammengehörigen PDF-Dokument einzureichen. Die Beiträge werden als pre-circulated paper an die Teilnehmer*innen des Workshops versandt und dienen am 3./4. Dezember 2020 als Diskussionsgrundlage.

Sollte aufgrund verminderter Reisemöglichkeiten im Zuge von Covid-19 ein physisches Treffen vor Ort nicht möglich sein, wird die Diskussion in den digitalen Raum verlegt. Die aus- und überarbeiteten Diskussionsbeiträge werden in einem Konferenzband veröffentlicht; Deadline für die finale Ausarbeitung der Beiträge mit bis zu 12 (Farb-)Abbildungen ist der 7. Februar 2021. Reisekosten werden anteilig und u.U. auch vollständig vom Veranstalter übernommen.

Bitte senden Sie ihre Vorschläge an: g.parak@dsm.museum und elke.bauer@herder-institut.de

 

Workshop: Die Empirik des Blicks. Bedeutungszuweisungen wissenschaftlicher Expeditionsfotografie

Deutsches Schifffahrtsmuseum Bremerhaven 3.-4. Dezember 2020

Veranstalterinnen: Elke Bauer (Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung, Marburg),
Gisela Parak (Deutsches Schifffahrtsmuseum Bremerhaven)

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