Bilder mit Impact

Eine Analyse zur Diskursmächtigkeit von Bildern aus Themenausstellungen zu Migration

Das Zeigen von Bildern ist innerhalb sozialgesellschaftlicher Kontexte keine unbedeutende Handlung. Bereits die Frage, welche Bilder für eine Betrachtung und Veranschaulichung eines Gegenstands ausgewählt werden und welche nicht, verweist auf ihre diskursive Einbettung und lässt darauf schließen, dass über das Medium Bild Diskurse nicht nur abgebildet, sondern auch mitgeschrieben beziehungsweise ausgeformt werden.

Ebenso wie das Medium der Schrift sind Bilder produktiv in die Herstellung von Wahrheit eingebettet. Ihnen wird das Potenzial zugeschrieben, das Geschichtsbild im Nachhinein generieren sowie modifizieren zu können.[1] Dieses Potenzial wird jedoch nicht allen Bildern gleichermaßen zugeschrieben. Es lässt sich beobachten, dass geschichtliche Ereignisse oder sozialgesellschaftliche Aspekte oftmals über nur einige wenige etablierte Bilder dargestellt werden, die in den Diskurs Eingang gefunden haben. Sie durchliefen einen Prozess der Selektion sowie Kanonisierung, auf den ihre mediale Wirkmächtigkeit unter anderem zurückzuführen ist und der weitere mögliche Bilder zur Darstellung desselben Gegenstands in ihrer Distribution sowie Zirkulation verhindert.

Die Unterscheidung von einerseits medial häufig verwendeten Bildern mit einer gewissen diskursiven Wirkmächtigkeit und andererseits weiteren Bildern, die in der Fülle von möglichen Darstellungsweisen kaum Beachtung finden, ist in der bestehenden Fachliteratur bereits über die Begriffe der Medienikone sowie des Schlag- und Schlüsselbildes ausdifferenziert worden.[2] Ebendieses Moment der Selektion und Kanonisierung von repräsentationswürdigen Bildern soll in den folgenden Ausführungen fokussiert und für ein diskursanalytisches Vorgehen methodisch aufgegriffen werden.

Der Ausgangspunkt für die anschließenden Überlegungen liegt in der Studie des Verfassers[3] zu Themen- und Sonderausstellungen zu Migration, für die insgesamt 814 zwischen den Jahren 1974 und 2013 in Deutschland gezeigte Ausstellungen erhoben wurden.[4] Über das Begleitmaterial der Ausstellungen war es möglich, ein Untersuchungskorpus von insgesamt 13.049 Abbildungen zusammenzustellen und dieses – bezogen auf das Forschungsinteresse hinsichtlich der bildlichen Repräsentation des Themas – zu analysieren. Konkret wird im Folgenden an das empirische Vorgehen angeknüpft, ein zunächst größeres Korpus beziehungsweise eine umfangreichere Gesamtmenge auf die Bilder zu reduzieren, denen ein diskursiv wirkmächtiges Potenzial zugeschrieben werden kann, um darüber interpretative Aussagen zu den Selektionsmechanismen sowie Diskursausformungen abzuleiten. Ziel war, das Untersuchungskorpus aller im Kontext der Ausstellungen verwendeter Bilder zunächst auf die zu begrenzen, die in den medialen Diskurs eingegangen sind, um sich über ein verdichtetes sowie vorstrukturiertes und überschaubares Korpus dem Bildmaterial anzunähern und Vorannahmen für eine anschließende Rückkehr in das Gesamtkorpus materialgebunden zu schulen (siehe Abbildung 1).

Abb. 1: Korpusverdichtung zur materialgebundenen Schulung der Vorannahmen für eine spätere Rückkehr in das Gesamtkorpus (eigene Darstellung T.W.)

Auf das Instrument zur Verdichtung des Bildkorpus mit gleichzeitiger Fokussierung auf die Bilder, denen ein diskursives Potenzial zugeschrieben werden kann, sowie auf den daraus resultierenden Erkenntnisgewinn im Kontext des konkreten Themas Migration wird in Folge eingegangen. Es soll ein exemplarisches Vorgehen entfaltet werden, den Selektions- sowie Kanonisierungsprozess von Bildern beziehungsweise die Betrachtung von denen, die einen ebensolchen Prozess durchliefen, diskursanalytisch einzubinden und auch für weitere Kontexte fruchtbar zu machen. Entwickelt wurde das empirische Instrument zwar bezogen auf den Forschungsgegenstand der Themenausstellungen sowie anhand des spezifisch erhobenen Datenmaterials; in angepasster Weise lässt es sich jedoch auch auf andere Bereiche übertragen.

Vorstellbar wäre diesbezüglich die Betrachtung des Selektionsprozesses sowie die Analyse der ausgewählten Bilder aus themenspezifischen Sammlungen und Archiven für deren öffentlichkeitswirksame Außenrepräsentation. Auch ließe sich der Selektionsprozess von zirkulierenden Bildern aus der Medienberichterstattung für zeithistorische Überblicksdarstellungen wie beispielsweise das Kompendium „Das Jahrhundert der Bilder“ von Gerhard Paul[5] in den Blick nehmen. Ein weiterer möglicher Betrachtungsrahmen wäre die Bildauswahl für didaktisierte Lehr- und Lernmaterialien, die beispielsweise für den Geschichtsunterricht konzipiert und verlegt beziehungsweise für den Gebrauch online gestellt wurden. So lassen sich unterschiedliche Diskursebenen und inhaltliche Kontexte betrachten, auf oder in denen über eine Selektion zwischen repräsentationswürdigen und nicht weiter zeigenswerten Bildern unterschieden wird. Ebendiese Unterscheidung sowie die Selektion einiger weniger Bilder eröffnet sodann einen Interpretationsrahmen, der diskursanalytische Rückschlüsse hinsichtlich des gewählten Forschungsgegenstands zulässt.

Wurde und wird das folgend zu vertiefende Vorgehen der Impactanalyse mit dem Ziel beschrieben, zunächst eine materialgebundene Schulung der Vorannahmen für eine darauffolgende Rückkehr zum Gesamtkorpus vorzunehmen, besteht durchaus die Möglichkeit, das empirische Instrument auch losgelöst als eigenständige Analysemethode zu verwenden. Bezogen auf die Gegenstandsangemessenheit der Methodenverwendung, ist diese sicherlich an den Forschungsschwerpunkt sowie das damit einhergehende Material rückzukoppeln und gegebenenfalls anzupassen. Daher wird die Verwendung des Instruments eng am exemplarischen Material beschrieben, an dem das empirischen Vorgehen entwickelt wurde, und nicht auf einer methodisch abstrakt höheren Ebene mit expliziten Anwendungsschritten, die für sämtliche Forschungskontexte in derselben Weise zutreffen würden. Die Darstellung anhand des exemplarischen Materials soll demnach weniger eine Abfolge konkreter Vorgehensweisen vorgeben als vielmehr eine methodologische Sichtweise eröffnen, mit der auch weitere Felder oder Themen diskursanalytisch flexibel betrachtet werden können.

 

Zum Vorgehen der Impactanalyse

Um die beschriebene Korpusverdichtung hinsichtlich einer zunächst überschaubaren Datenmenge von diskursrelevanten Bildern herstellen zu können, wurde sich – ungeachtet der diesbezüglichen Vor- und Nachteile[6] – an dem „Journal Impact Factor“ für die Einflussgröße von wissenschaftlichen Fachpublikationen orientiert. Jener Faktor resultiert aus einem Erhebungs- sowie Analyseinstrument und beschreibt eine standardisierte und mehr oder minder vergleichbare Angabe über die Häufigkeit von zitierten Beiträgen aus einer der jeweiligen Fachpublikationen nach Jahr. So soll eine Auskunft über die (quantitative) Reichweite von in diesem Fall Fachjournalen gegeben werden wie auch über deren Einfluss innerhalb der fachbezogenen Communities.

Übertragen auf das Forschungsmaterial sowie auf das Interesse an einer Filterung von Bildern, die innerhalb migrationsgesellschaftlicher Diskurse bereits eingebunden sind und das Potenzial besitzen, einen maßgeblichen Einfluss auf ebendiese Diskurse auszuüben – im Folgenden als „Impactbilder“ bezeichnet –, wurde auf die Online-Suchmaschine Google zurückgegriffen.[7] Als Suchbefehle wurden dazu die Titel der jeweiligen Ausstellungskonzepte verwendet und die Ergebnisse parallel über die reguläre Suchfunktion sowie über die Bildersuche – die Ergebnisse sind nicht identisch – ausgewertet.

Innerhalb dieses Selektionsprozesses von Bildern, die im Rahmen von Hinweisen, Rezensionen oder weiteren Bezügen zur jeweiligen Ausstellung Verwendung fanden, wurde die Anzahl im Vergleich zum Gesamtkorpus auf 64 Impactbilder stark minimiert. Es wurden Bilder berücksichtigt, die mehrmals innerhalb des Suchprozesses deutlich hervortraten: Dies waren medial verwendete Abbildungen, die an mindestens zehn verschiedenen Stellen nachgewiesen werden konnten. Dabei wurde die Anzahl von mindestens zehn Fundstellen eines Bildes zu einer Ausstellung als Kriterium ergebnisorientiert und nicht vorab festgelegt. So gab es zu Ausstellungen viele Bilder mit nur einer oder zwei Fundstellen, die demnach ausgeklammert wurden. Bilder zu Ausstellungen mit Fundstellen bis zur Anzahl von zehn gab es kaum. Auch diese wurden nicht weiter berücksichtigt. Erst ab dem Kriterium von mindestens zehn Fundorten waren wieder vermehrt Ausstellungen mit entnommenen beziehungsweise begleitenden Bildern auffindbar, die dann für die weiteren Interpretationen einbezogen wurden. Folglich verläuft die Trennlinie zwischen vielen Bildern, die nur ein- oder zweimal auftauchten, und wenigen, die in erhöhter Anzahl zu finden waren. Letzteren werden daher eine gewisse diskursive Wirkmächtigkeit sowie Reichweite zugeschrieben, da sie in ihrer Zitation eine vergleichsweise hohe Quantität aufzeigen.

Dazu ist anzumerken, dass mit dem vorgestellten Instrument der Impactanalyse noch keine diskursanalytisch inhaltlichen Aussagen getätigt werden können; es bietet lediglich die Möglichkeit, die Bilder aus einem Gesamtkorpus zu identifizieren, denen ein diskursiv wirkmächtiges Potenzial zugeschrieben werden kann. Aussagen zu den diskursiven Selektionsprozessen sowie deren Ausformungen und dahinter wirkenden Kräften müssen im Vergleich beziehungsweise in Bezug zum gesamten Bildkorpus interpretativ rekonstruiert werden.

Innerhalb dieses Verdichtungsprozesses von wirkmächtigen Bildern aus den Themenausstellungen wurde merklich, dass es zu einem Ausstellungskonzept meist nur ein einziges Bild gibt, das jenes Konzept repräsentiert und aus der Gesamtmenge der im Kontext der Ausstellung verwendeten Bilder deutlich hervortritt. In manchen Fällen wurde diese Auswahl von für die Ausstellung repräsentativ empfundenen Bildern auch bereits von den beteiligten Akteur*innen über angebotene Pressebilder auf der offiziellen Internetseite vorbestimmt. Des Weiteren – und dies nicht vorab angenommen – wurden nicht ausschließlich Reproduktionen der Exponate aus den Ausstellungen mit dem Instrument erhoben, sondern auch Ausstellungsansichten und Werbematerial, wie Poster, elektronische Flyer oder Coverbilder der Kataloge. Andersherum wurden bestimmte Bilder innerhalb des verdichteten Korpus erwartet, im Rahmen der Verdichtung jedoch nicht gefunden.

 

Über vier Bildgruppen (siehe Abbildung 2) wird folgend das verdichtete Bildmaterial differenziert betrachtet:

  • unerwartete Ausstellungsansichten, die mit dem Instrument der Impactanalyse berücksichtigt wurden;
  • unerwartetes Werbematerial und Coverbilder der Ausstellungskataloge, die ebenfalls im verdichteten Bildkorpus vorhanden sind;
  • erwartete, jedoch nicht gefundene Bilder mit Bekanntheitsgrad, wie beispielsweise explizite Fotografien von Brigitte Kraemer, Jean Mohr oder Guenay Ulutunçok;
  • sowie schließlich die vorab erwarteten Impactbilder.

    Abb. 2: Korpusverdichtung differenziert nach den Bildgruppen „unerwartete Ausstellungsansicht“, „unerwartetes Werbematerial und Coverbilder der Ausstellungskataloge“, „erwartete Impactbilder“ und „erwartete, jedoch nicht gefundene Bilder mit Bekanntheitsgrad“. Von links nach rechts: Ellen Röhner/FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum, Audioetage der Ausstellung, Berlin 2012 © mit freundlicher Genehmigung; „Eingewanderte Arbeiterinnen in Berlin 1961-1993“, Ausstellung Berliner Geschichtswerkstatt e.V., Werbeposter, Berlin 1993 © mit freundlicher Genehmigung; Jean Mohr, Medical Examination, Istanbul o.J. ©; Brigitte Kraemer, Auf dem Lüftungsschacht, Duisburg 1985 ©; Guenay Ulutunçok, Rückkehrer, Köln 1983 ©

Zu den Ausstellungsansichten und dem Werbematerial

Über die Ausstellungsansichten und das Werbematerial lassen sich Vorstellungen der beteiligten Akteur*innen über die Ausstellungen als (Bildungs-)Format und die für wichtig erachteten Inhalte rekonstruieren. Mittels formalgestalterischer Elemente der Cover- und Werbebilder, die im Kontext vieler Ausstellungen als eine Art Fenster oder Durchbruch zu den vermeintlich dahinterliegenden Inhalten zu verstehen sind, werden die Ausstellungen als ein Zugang zu migrationsgesellschaftlichen Themen dargestellt (siehe die Abbildung 2-5).

Neben der bereits exemplarisch verwendeten Abbildung der Berliner Geschichtswerkstatt, bei der der Umriss von Berlin als Fenster zu den dahinter platzierten Personen verwendet wurde (siehe Abbildung 2), dient für das Werbematerial der Ausstellung „Homestory Deutschland – Schwarze Biografien in Geschichte und Gegenwart“[8] (Abbildung 3) das stilistische Mittel eines aufgerissenen Papiers, hinter dem eine Schwarze Person zum Vorschein kommt.

Abb. 3: Barbara Mugalu, Werbematerial zu Ausstellung „Homestory Deutschland – Schwarze Biografien in Geschichte und Gegenwart“ ©

Abb. 4: Thomas Jahn, Cover des Ausstellungskatalogs: Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hg.), Flucht, Vertreibung, Integration, Kerber Verlag, Bielefeld 2005 ©

Auch für das Coverbild des Katalogs zur Ausstellung „Flucht, Vertreibung, Integration“[9] (Abbildung 4) wurde auf das stilistische Mittel zurückgegriffen. In dem Fall scheint die rechte untere Ecke einer Fotografie abgerissen zu sein, die die Lagerunterbringung Ehndorfer Platz bei Neumünster aus der Vogelperspektive zeigt und als kontextstiftender Rahmen verstanden werden kann. Durch die fehlende Ecke wird eine weitere, dahinterliegende Fotografie sichtbar, auf der vermutlich eine Mutter mit ihrem Kind und weiteren Gepäckstücken in einem Kinderwagen zu sehen ist, was in dem Kontext und unter dem Titel der Ausstellung als ein Akt der Flucht und der Vertreibung gedeutet wird.

Neben den Bildern, die in der Postproduktion bearbeitet wurden und bei denen das stilistische Element illustrativ hinzugefügt wurde, fallen auch fotografische Motive in die Gruppe, bei denen das Mittel des Fensters oder das des Durchbruchs zum Zeitpunkt der Bildproduktion bereits mit aufgenommen wurden. So ist beispielsweise auf der Fotografie von Mehmet Ünal, die für das weitere Werbematerial der Ausstellung „50 Jahre ‚Gastarbeiter‘ aus der Türkei“[10] verwendet wurde, ein Kind zu sehen, das durch einen Fensterrahmen einer Haustür, in der nur noch Teile einer zerbrochenen Glasscheibe vorhanden sind, die Betrachter*innen in direkter Weise anblickt (siehe Abbildung 5).

Abb. 5: Friedrich-Ebert-Stiftung: Einladung zur Ausstellung „50 Jahre ‚Gastarbeiter‘ aus der Türkei. 100 Fotografien von Mehmet Ünal“, Mainz 2012 ©

Die Verwendung des stilistischen Elements, über das die thematischen Inhalte „von außen aus“ betrachtet werden können, lässt sich als mögliche Aufforderung interpretieren, näher zu treten und in die Ausstellung beziehungsweise den dazugehörigen Katalog zu schauen: Das Angebot wird bereitgestellt. Gleichzeitig wird Migration so jedoch als ein sonst weniger zugängliches Thema dargestellt, zu dem erst ein expliziter Zugang geschaffen werden muss. Die inhaltlichen Bezugnahmen, über die das Thema Migration öffentlichkeitswirksam kontextualisiert wird, lassen sich unter folgenden Punkten zusammenfassen: über die sozioökonomische Position dargestellter Personen (1), den Kontext selbstständiger Arbeit (2), die Religion beziehungsweise den Glauben der abgebildeten Personen (3) und anhand teils emblematischer Bilder konkreter Mobilität (4).[11]

Zeitliche sowie die Migrationsform betreffende Bezüge werden fast ausschließlich über die damalige Anwerbephase sogenannter Gastarbeiter[12] hergestellt. Der Verweis auf eine andere Zeit wird ebenfalls über die Ausstellungsansichten deutlich. Sie sind über das Konzept der Heterotopie zu rahmen,[13] da über die abgebildeten Räume eine andere Zeit und/oder ein anderer Ort aufgerufen werden. Darüber hinaus lassen sie ein körperliches Raumgefühl entstehen und zeigen in vielen Fällen ein spektakulär konzipiertes Ausstellungsdesign, das neben den gezeigten Exponaten als eine eigenständige künstlerische Arbeit verstanden werden kann.

 

Zu den Erwartungen sowie Vorannahmen

Liegt bei der Interpretation der medial wirkmächtigen Ausstellungsansichten, Cover- sowie Werbebilder die Rekonstruktion möglicher Auffassungen von den beteiligten Akteur*innen über die Themenausstellungen zu Migration nahe, so werden im Folgenden – über die Bildgruppen der „erwarteten, jedoch nicht gefundenen Bilder mit Bekanntheitsgrad“ und der „gefundenen Impactbilder“ – Aspekte Visueller Kultur[14] fokussiert. Zentral ist dabei die Frage, weshalb einige erwartete Bilder der Ausstellungen in den medialen Diskurs eingegangen sind und andere, bereits in den Diskurs zu Migration eingeführte Bilder, über den Bezug zu den Ausstellungen nicht medial verhandelt worden sind. Um Antworten darauf anbieten zu können, wird zunächst die Differenzierung von Medienikonen, Schlüssel- und Schlagbildern theoretisch geklärt. Anschließend daran werden Vermutungen zum Ausbleiben der erwarteten Bilder mit Bekanntheitsgrad geäußert und darauffolgend auf die letzte Bildgruppe der vorab erwarteten sowie vorgefundenen Impactbilder eingegangen.

Abbildung 6: Cover des Sammelbands „Geschichte und Gedächtnis in der Einwanderungsgesellschaft. Migration zwischen historischer Rekonstruktion und Erinnerungspolitik“, hg. von Jan Motte/Rainer Ohliger, mit der Fotografie von Andreas Schoelzel, Berlin 1990, Klartext Verlag, Essen 2004 ©

Den Anhaltspunkt stellen nicht erfüllte Erwartungen an die mediale Verwendung von konkreten Bildern aus einzelnen Ausstellungen dar und, damit einhergehend, das Verständnis von unterschiedlicher medialer Wirkmächtigkeit. Konkret wurde von mir als Medienrezipient und Wissenschaftler, der unter anderem zu Themen bildlich visueller Verhandlung von Migration in Deutschland arbeitet, davon ausgegangen, dass mittels des oben beschriebenen Instruments zur Verdichtung des Gesamtkorpus auch folgende Bilder gefunden werden würden: von Grenzübertritten, überfüllten Booten und wandernden Menschen; symbolische Bilder mit nationalen, religiösen, rassifizierenden oder auch abstrakten Bezügen, wie zum Beispiel eine Ansammlung von Buntstiften oder bunten Bällen; Bilder zum Thema „Integration“, vornehmlich im Kontext von Schulklassen aufgenommen; historische Bilder der damaligen Unterbringungen sogenannter Gastarbeiter, deren Arbeitsplätze sowie Fotografien damaliger sogenannter Seiteneinsteiger- oder Ausländerklassen;[15] politische Bilder der öffentlichen Verhandlung um Partizipationsmöglichkeiten (siehe Abbildung 6)[16] und Gedenkbilder rassistischer Gewaltakte (siehe Abbildung 7) sowie darüber hinaus explizite Fotografien von Brigitte Kraemer, Jean Mohr oder Guenay Ulutunçok, deren Fotografien zum Thema bereits in den medialen Diskurs eingegangen sind (siehe Abbildung 2 oder im Einzelnen 8-10).[17]

Abb. 7: Demonstration am Tatort des Brandanschlags von Solingen am 29. Mai 1993. Foto: Sir James, 5. oder 6. Juni 1993. Quelle: Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 2.0 DE

Die bekannte Fotografie von Jean Mohr (siehe im Einzelnen Abbildung 8) zeigt eine ärztliche Tauglichkeitsprüfung im Kontext der damaligen Anwerbephase von Arbeitsmigrant*innen. Sechs Männer wurden dazu in einer Reihe aufgestellt, deren Körper – alle nur in Unterhose bekleidet – beinahe aus einer frontalen Perspektive betrachtet werden. Der siebte zu sehende Mann wird aufgrund seiner Handlung als Arzt oder medizinische Fachperson interpretiert, auch wenn er keinen Kittel zur Erkennung seiner Profession trägt. Er steht gebeugt vor einem der zu untersuchenden Männer, hält dessen Unterhose am Bund zurück und tastet den Bauch ab.

Abb. 8: Jean Mohr, Medical Examination, Istanbul o.J. ©

Die Fotografie von Brigitte Kraemer (siehe im Einzelnen Abbildung 9) zeigt im städtischen Raum spielende Kinder. Ein Sujet, das sich durch mehrere Fotografien von ihr durchzieht. Auf der Fotografie sind vier Mädchen zu sehen, die aufgrund ihrer Kopfbedeckungen als Musliminnen interpretiert werden. Alle vier Mädchen stehen auf dem Lüftungsschacht eines Einzelhändlers der Kette Spar und tragen einen Rock, der sich aufgrund der ausströmenden Luft aufbaut. Die spielerische Handlung lässt Assoziationen zum Motiv mit Marilyn Monroe herstellen, weshalb diese Fotografie von Brigitte Kraemer in manchen Kontexten vermutlich auch weitverbreiteter bekannt ist.

Abb. 9: Brigitte Kraemer, Auf dem Lüftungsschacht, Duisburg 1985 ©

Die Fotografie von Guenay Ulutunçok (siehe im Einzelnen Abbildung 10) zeigt das Motiv einer in die Türkei migrierenden Familie, deren Hausrat in einem Kleintransporter verstaut wird, und das über den Titel „Rückkehrer“ kontextualisiert ist. Zu sehen ist ein seitlich frontal aufgenommener Ford Transit, der vor einem Mehrfamilienhaus steht und bepackt wird. Um den Kleintransporter herum, wie auch darauf und in einem Fenster des Hauses sind Personen zu sehen, die den Umzug organisieren und daran beteiligt scheinen.

Abb. 10: Guenay Ulutunçok, Rückkehrer, Köln 1983 ©

Zu den Konzepten der Medienikone, des Schlüssel- und Schlagbildes

Martin Hellmold schlägt bezüglich der vermuteten Bilder den Begriff der „historischen Referenzbilder“ vor, worunter „jene visuellen Bilder verstanden werden, die sich als Symbole für einen bestimmten historischen Ereigniszusammenhang etabliert haben“.[18] Sie stechen aus der Gesamtheit medialer Bilder hervor, indem sie über den Status einer bloßen Abbildung hinaus als Schlüsselbilder etabliert wurden, „mit deren Wiedererkennen bestimmte Erinnerungsinhalte aktualisiert werden“.[19]

Historische Referenzbilder werden neben dem bereits zitierten Begriff des „Schlüsselbildes“ in der Literatur[20] des Weiteren über den Begriff des „Schlagbildes“ oder der „Bild- beziehungsweise Medienikone“[21] differenziert. Am deutlichsten wird diese Unterscheidung von Paul getroffen,[22] nach dessen Verständnis die drei Begriffe eine unterschiedlich gesteigerte Wirkmächtigkeit der Bilder beschreiben. Allen drei Kategorien wird dabei zugeschrieben, dass sie sich auf Bilder beziehen, die eine gewisse ikonische Qualität besitzen und besonders klare Denkbilder aufrufen.

Der Begriff des Schlagbildes wird von Paul[23] und Michael Diers[24] mit Verweis über Martin Warnke[25] auf die Schriften Aby Warburgs[26] zurückgeführt. In Anlehnung an Schlagwörter und auch Schlagzeilen transportieren Schlagbilder eine äußerst knappe Botschaft und bringen darüber hinaus ihren eigenen Kontext mit, in den die spezifischen Inhalte eingebettet sind. Des Weiteren weisen sie oftmals ein symbolisches Potenzial auf, über das zu transportierende Inhalte decodiert lesbar sind.[27]

Hinsichtlich der Verwendung ihres referenziell knappen Inhalts sind Schlagbilder vornehmlich auf aktuelle Ereignisse zu begrenzen. Verweisen sie rückblickend auf ein historisches Ereignis und bringen dieses auf eine „kurze Formel“,[28] sind sie als Schlüsselbilder zu charakterisieren, die bereits einen gewissen Selektionsprozess hinsichtlich ihrer Repräsentativität durchlaufen haben. Neben den bereits aufgezählten Aspekten ist dazu dann oftmals auch ihre Bildgeschichte bekannt, und die Aussagen sind umfangreicher, wie beispielsweise die dpa-Fotografie der Begrüßung des sogenannten millionsten Gastarbeiters von Horst Ossinger (Abbildung 13): Schlüsselbilder „können im Kopf ganze Geschichten auslösen“.[29] Ihnen wird des Weiteren das Potenzial zugeschrieben, das Geschichtsbild im Nachhinein zu generieren; im Vergleich zu Medienikonen ist ihre Verbreitung jedoch geringer.

Unter dem Begriff der Medienikone werden Bilder subsummiert, die alle bereits genannten Aspekte aufweisen, jedoch in ihrer Verbreitung eine gesteigerte Verwendung zeigen. Ihre Publikationen sind häufig, und sie wurden über eine lange Zeitspanne und mit einer breiten Streuung veröffentlicht.[30] Weiter durchliefen sie einen umfangreicheren Selektions- sowie Kanonisierungsprozess und repräsentieren als Medienikonen ein „Kollektiverlebnis von epochaler Bedeutung“[31].[32] Mit diesen theoretischen Klärungen sollen nun die Leerstellen betrachtet werden beziehungsweise konkret die Bilder, die innerhalb des verdichteten Korpus erwartet, jedoch nicht gefunden wurden.

 

Zu den erwarteten, jedoch nicht vorgefundenen Bildern mit Bekanntheitsgrad

Aktuelle mediale Darstellungen wurden mit dem Instrument zur Korpusverdichtung nicht gefunden, auch keine zeitgenössischen Bilder mit symbolischen Bezügen, wie beispielsweise Buntstifte, bunte Bälle oder ineinandergreifende Hände; ebenfalls keine aus dem Kontext der Schulklasse, bei denen entweder eine Schülerin, die ein muslimisch zu interpretierendes Kopftuch trägt, oder die Tafelaufschrift „Integration“ den Hinweis für das Bildthema transportiert. Diese scheinen vornehmlich innerhalb der gegenwärtigen Berichterstattung Verwendung zu finden, nicht aber als repräsentative Bilder für Themenausstellungen zu Migration.

Sie sind nach der oben vorgenommenen Differenzierung als Schlagbilder zu kategorisieren, die für Bezugnahmen auf aktuelle Ereignisse Verwendung finden, jedoch zum Zeitpunkt der Erhebung kein historisches Ereignis im Kontext von Migration bündelten, um darüber ein Geschichtsbild generieren zu können.[33] Die Einteilung dieser Bilder in die Gruppe der Schlagbilder ist als mögliche Erklärung dafür zu sehen, wieso sie trotz Annahme nicht im verdichteten Bildkorpus als Impactbilder, das heißt als Bilder mit einer hohen medialen Verwendungshäufigkeit für die jeweilige Ausstellung, auftauchen.

Medienikonen wurden innerhalb des verdichteten Korpus nicht erwartet. Denn nach oben genannter Klassifizierung sind keine so zu charakterisierenden Bilder aus dem Diskurs über Migration nach Deutschland hervorgegangen. Selbst das wohl bekannteste Bild der Begrüßung des sogenannten millionsten Gastarbeiters von Horst Ossinger ist mit der oben vorgenommenen Unterscheidung nicht als Medienikone zu betrachten. Es ist zwar „zu dem Bild geworden, wenn es um die Anwerbung von Gastarbeitern geht“,[34] lässt sich jedoch hinsichtlich dessen allgemeinen Bekanntheitsgrads sowie dessen Verbreitung nicht als Medienikone charakterisieren, sodass Veit Didczuneit die Fotografie als Schlüsselbild für die Arbeitsmigration nach Deutschland einordnet.[35]

Wird mit Bezug dazu beispielsweise das zuerst zweibändige Werk Pauls[36] zur bildlich visuellen Geschichtsschreibung des 20. und frühen 21. Jahrhunderts sowie der dazugehörige Bilderkanon mit der später auf einen Band gekürzten Veröffentlichung verglichen,[37] so ist die dpa-Fotografie aus dem umfangreicheren Werk nicht übernommen worden. Das Schlüsselbild des sogenannten millionsten Gastarbeiters ist innerhalb des Kürzungsprozesses für die einbändige Version aussortiert worden. Übriggeblieben ist lediglich der VW Käfer als „Ikone des Wirtschaftswunders“.[38]

Was die explizite Fotografie von Guenay Ulutunçok betrifft (siehe Abbildung 10), lässt sich sagen, dass das mit dem Titel „Rückkehrer“ gerahmte Motiv womöglich nicht als geeignete Abbildung für die Repräsentation einer in Deutschland gezeigten Themenausstellung zu Migration angesehen wurde. Dies deckt sich mit den Aussagen zur umfassenderen Analyse der behandelten Migrationsformen in den Ausstellungen und dem dort vordergründig etablierten Verständnis von Migration als ausschließliche Einwanderungsgeschichte, die nach dem Prinzip von „kommen aus und bleiben in“ verläuft.[39] Denn so bleibt wenig Raum für weitere Formen wie zum Beispiel die Pendel- oder Transmigration.

Auch Motive der Unterbringung und des Arbeitsplatzes damaliger Arbeitsmigrant*innen sowie die Fotografie Jean Mohrs der ärztlichen Tauglichkeitsprüfung scheinen als nicht repräsentativ für die Ausstellungen angesehen worden zu sein. Des Weiteren sind keine Bilder mit politischen Motiven innerhalb der Verdichtung des Bildkorpus gefunden worden, wie Protestbewegungen zur Einforderung gesellschaftlicher Partizipation oder Gedenkbilder, wie die in Solingen aufgenommene Fotografie, die die Folgen des verübten Brandanschlags zeigt (siehe Abbildung 7).

Werden diese Motive mit denen verglichen, die im Prozess der Impactanalyse auffindbar waren, so wird ein inhaltlicher Unterschied deutlich. Im Gegensatz zu den gefundenen Bildern werden über die erwarteten Motive Aspekte einer Gesellschaftskritik aufgegriffen. Durch sie wird auf privilegierte und weniger privilegierte Positionen hingewiesen, es werden die damalige Praxis der Anwerbephase sowie die damit einhergegangenen Lebensbedingungen in Frage gestellt und Folgen rassistischer Gewalt bezeugt. Im Falle des Brandanschlags von Solingen wurden fünf Personen ermordet und 14 weitere verletzt.

Durch diese Grenzziehung über die Bildthemen lässt sich vermutlich erklären, wieso oben genannte, bereits im Diskurs eingeschriebene Bilder nicht als repräsentative Darstellungen für die Themenausstellungen verwendet wurden: Über sie wird kein „harmonisches Bild“ nachgezeichnet, und die Fotos kamen daher für die mediale Präsentation der jeweiligen Ausstellungen möglicherweise nicht in Betracht.[40] Aus ähnlichen Gründen trifft dies eventuell auch für das Motiv der Beschulung von Kindern mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit in separaten Klassen zu. Das jedoch sowie die möglichen Gründe dafür, warum das erwartete Motiv über die Fotografien von Brigitte Kraemer medial nicht im Kontext der jeweiligen Ausstellungen verwendet wurde, können nicht eindeutig geklärt werden.

 

Zu den erwarteten sowie vorgefundenen Impactbildern

Die Gruppe der erwarteten sowie vorgefundenen Bilder besteht fast ausschließlich aus Fotografien, die in der Form auch in der jeweiligen Ausstellung gezeigt und für die mediale Repräsentation übernommen wurden. Sie sind demnach keine zusätzlich zu den gezeigten Werken aufgenommene Fotografien, wie die Ausstellungsansichten, und in der Postproduktion wurden sie nicht (merklich) bearbeitet, wie beispielsweise das Werbematerial.

Wie bereits angerissen, sind innerhalb dieser Bildgruppe inhaltlich eher harmonisch anmutende Motive vorzufinden. Des Weiteren befindet sich unter den Bildern lediglich ein Motiv, auf dem keine Personen abgebildet sind;[41] ähnlich wie im Material mit werbendem Charakter wird auch in dieser Gruppe das Thema Migration fast ausschließlich über Personen vermittelt. Zeitlich werden über die medial reproduzierten Exponate mit Impact vornehmlich Bezüge zur damaligen Anwerbephase sogenannter Gastarbeiter hergestellt. Jedoch wird das konkrete Motiv der Arbeit lediglich über drei Fotografien aufgegriffen, und zwar über den Aspekt der Selbstständigkeit,[42] demnach nicht unbedingt über die Arbeit, die die Personen anfangs in Deutschland verrichteten und die der Grund für die Migration war.

Die Bilder innerhalb dieser Gruppe sind Pressefotografien, Werke teils professionell ausgebildeter Fotograf*innen aus künstlerischen Kontexten – namentlich beispielsweise Candida Höfer, Kemal Kurt und Jean Mohr –, Porträtfotografien, die mit einem expliziten Bildungsauftrag im Sinne einer interkulturellen Pädagogik[43] für bereits geplante Ausstellungen produziert wurden, Knipserfotografien[44] aus privaten Sammlungen zum Beispiel von Eleni Tsakmaki sowie zwei Stills aus den Filmen „Pierburg – Ihr Kampf ist unser Kampf“ von Edith Schmidt, David Wittenberg und Raimund Kirchweger und „Inventory (Inventur – Metzstrasse 11)“ von Želimir Žilnik, deren machtkritische Aussagen nicht unbedingt über die Bilder erkennbar transportiert werden beziehungsweise nur mit dem Wissen um die Inhalte der Filme lesbar sind.

Ersichtlich ist, dass den Fotografien und Film-Stills eine gewisse „Agency“ zugeschrieben werden kann. Agency zielt hierbei auf die Wirkmächtigkeit selektierter sowie für ein breiteres Publikum zugänglich gemachter Bilder und „ist ein Grundbestandteil aller Konzepte, die erforschen oder erklären, wer oder was über welche Art von Handlungsmächtigkeit verfügt oder diese zugeschrieben bekommt“.[45] So können hinsichtlich der Einführung erhobener Bilder in den migrationsgesellschaftlichen Diskurs – neben ikonisch gestalterischen Aspekten – vor allem Bildagenturen der Massenmedien (1), das Renommee der Künstler*innen (2) sowie ausstellungsorganisierende Institutionen (3) angeführt werden. Wird das Produktionsjahr der Fotografien beziehungsweise der zwei Filme mit den Zeiträumen verglichen, ab denen die Bilder medial intensiver verhandelt wurden – demnach der ungefähre Zeitpunkt der Diskursermächtigung –, wird die Relevanz genannter Institutionen deutlich sowie damit einhergehend ebenso der Aspekt der Autor*innenschaft.

 

Bilder mit dokumentarisch anmutendem Charakter

Zunächst sind Fotografien zu nennen, die zwischen den Jahren 1955 und 1979 in Relation zu den Bildern der Gesamtgruppe frühzeitig aufgenommen und kurz nach ihrer Produktion bereits medial breit verhandelt wurden. Dies sind Pressefotografien der vermeintlich feierlichen Ereignisse damals ankommender sogenannter Gastarbeiter[46] und künstlerisch-dokumentarische Arbeiten der fotografischen Serie „Türken in Deutschland“ von Candida Höfer. Auch wenn fotografischen Zeugnissen grundsätzlich ein dokumentarisches Potenzial zukommt,[47] bezieht sich die hier verwendete Bezeichnung auf ein bewusst gewähltes formalgestalterisches Prinzip mit dokumentarisch anmutendem Charakter.[48] Dieser Charakter bestimmt maßgeblich die erste Teilgruppe der Impactbilder, die auch als Schlüsselbilder für die Arbeitsmigration in Deutschland Mitte des 20. Jahrhunderts angesehen werden können.

 

Bilder mit politischem Impetus

Die zweite Teilgruppe wird ebenfalls über Bilder bestimmt, die im selben Zeitraum, das heißt verhältnismäßig früh, produziert wurden. Eine ausgiebigere mediale Verhandlung der Fotografien begann jedoch vielfach erst nach dem Zeigen der Bilder innerhalb der Themenausstellungen, verstärkt zwischen den Jahren 2000 bis 2010. Seitdem kann einigen dieser Fotografien das Potenzial als Schlüsselbild zugeschrieben werden; ihre mediale Verbreitung ist jedoch im Vergleich zu den zuvor genannten Pressefotografien und den Arbeiten von Candida Höfer geringer. Die wesentlichen Fotograf*innen innerhalb der Teilgruppe sind Kemal Kurt, Eleni Tsakmaki und Mehmet Ünal. Auch die Arbeiten des damals bereits bekannteren Fotografen Jean Mohr erhalten seit dieser Zeit eine verstärkte Aufmerksamkeit auch in nicht künstlerischen Kontexten.

Abb. 11: Mehmet Ünal, Wo ist mein Zuhause?, Mainz 1977 ©

Hinsichtlich des Aspekts der Agency ist die relevanteste Institution das Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland e.V. (DOMiD), über das die Mehrzahl der Fotografien in den Diskurs zu Migration nachträglich beigesteuert wurde. Hintergrund ist die Etablierung eines „anderen Blicks“ auf Migration, was von den Mitgliedern als ein zentrales Ziel ihrer Arbeit verstanden wird und sich auch bei ebendieser Teilgruppe der Impactbilder nachzeichnen lässt.[49] Dies betrifft vor allem die Autor*innenschaft und die Frage danach, wer über wen spricht. Auch fallen in diese Teilgruppe die Dokumente, über die kein harmonisches Bild der Migrationsgesellschaft nachgezeichnet wird, so beispielsweise die exemplarisch angeführte Fotografie von Mehmet Ünal (siehe Abbildung 5 oder ohne Werbetext Abbildung 11). Die Spannung der Fotografie wird vor allem durch das zerbrochene Glas aufgebaut, durch das das Kind schaut – die scharfe Glaskante der unteren noch vorhandenen Scheibe verläuft aufgrund der eingenommenen Perspektive durch das Gesicht des Kindes, was mit der Vorstellung einer behüteten Kindheit bricht.

Wurde die erste Teilgruppe der Impactbilder, die kurz nach der Produktion in den medialen Diskurs eingingen, mit „dokumentarisch“ bezeichnet, so lässt sich diese Teilgruppe, von im Nachhinein bewusst dem Migrationsdiskurs beigesteuerten Bildern, mit der Beschreibung „politisch“ charakterisieren, da hinsichtlich deren Einführung Sprechpositionen sowie deren Inhalte intentional ausgehandelt wurden.

 

Bilder mit pädagogischem Auftrag

Den bisherigen Bezeichnungen folgend, würde die dritte Teilgruppe von Impactbildern die Betitelung „pädagogisch“ erhalten. Bis auf zwei Ausnahmen, die an den dokumentarischen Stil der ersten Teilgruppe anknüpfen, sind darin Fotografien enthalten, die mit konkretem Bildungsauftrag im Sinne einer interkulturellen Pädagogik produziert beziehungsweise zum Teil auch von Ausstellungsinitiator*innen mit dieser Intention in Auftrag gegeben wurden.[50] Wesentlich beteiligte sowie fördernde Institutionen waren das Bundesministerium des Innern und das für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die damalige Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwanderungsfamilien (heute Kommunale Integrationszentren NRW) und die Volkshochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen.

Die der Teilgruppe zugeordneten Bilder zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Vergleich zu den ersten beiden Teilgruppen der medial reproduzierten Exponate mit Impact wesentlich später und bis auf ein Foto erst ab dem Jahr 2000 produziert wurden und kurz darauf in den medialen Diskurs eingingen. Auch hinsichtlich des Motivs unterscheiden sich diese Bilder von den zuvor genannten. Bis auf die zwei erwähnten Ausnahmen handelt es sich um Porträtaufnahmen, bei denen der Hintergrund entweder einfarbig, abgedunkelt oder unscharf ist, sodass die abgebildeten Personen vom Hintergrund freigestellt erscheinen und von diesem hervortreten. Deutlich wird dies zum Beispiel in der seriellen Arbeit von Annet van der Voort, für die 50 Jugendliche vor einem unifarbenen Hintergrund porträtiert wurden und deren Porträts in der Ausstellungssituation oder in dem dazugehörigen Katalog von persönlichen Aussagen begleitet werden. Der Bildausschnitt reicht dabei von Hüftbildern über Schulterstücke bis hin zu Kopfbildern. Letztere werden über die exemplarische Fotografie (siehe Abbildung 12) aufgegriffen. Zu sehen ist ein junger Erwachsener, dessen Gesicht beinahe den gesamten Bildausschnitt ausfüllt und der den Betrachter*innen aufgrund seiner eingenommenen Körperhaltung mit leicht gedrehtem Kopf frontal entgegenblickt.

Abb. 12: Annet van der Voort, Bastian o.w.A. ©

Zum Motivwandel der medial hervortretenden Bilder

Was die Durchlässigkeit von Bildern innerhalb des medialen Diskurses betrifft, so lassen sich mit den getätigten Ausführungen drei Teilgruppen dieser Impactbilder bilden (siehe Abbildung 13):

(1) Dokumentarisch anmutende Fotografien, die kurz nach ihrer Produktion Mitte des 20. Jahrhunderts in den medialen Diskurs eingingen;

(2) Bilder, die ebenfalls im Vergleich frühzeitig produziert wurden, jedoch erst ab der Jahrtausendwende über Institutionen mit gesellschaftspolitischem Auftrag breiter in den Diskurs zu Migration eingebracht wurden, die einen „anderen Blick“ beziehungsweise andere Autor*innen förderten;

(3) und eher personenbezogene Darstellungen aus den 2000er Jahren, die ebenfalls wie die Bilder der ersten Gruppe zeitnah nach ihrer Produktion medial aufzufinden waren und im Kontext einer konkret erziehungswissenschaftlichen Intention zu sehen sind.

Abb. 13: Exemplarische Impactbilder der Fotograf*innen Horst Ossinger (1964), Mehmet Ünal (1977) und Annet van der Voort (2008): Horst Ossinger, Empfang des einmillionsten Gastarbeiters, Köln 1964; Mehmet Ünal, Wo ist mein Zuhause?, Mainz 1977; Annet van der Voort, Bastian, 21, o.w.A. ©

Der klassifikatorisch nachgezeichnete Verlauf der Impactbilder von dokumentarisch über politisch hin zu pädagogisch bezieht sich auf erkennbare Schwerpunktsetzungen über die Motive innerhalb der drei Teilgruppen, die nach zeitlichen Kriterien der Bildproduktion und der medial ausgiebigeren Verwendung gebildet werden können.

Der erste Wandel von dokumentarischen zu politischen Motiven lässt sich explizit auf das Dokumentationszentrum DOMiD zurückführen, das sich den Auftrag setzte, dem Migrationsdiskurs bewusst andere Bilder beizusteuern. Dieser Verlauf ist auch im Kontext globaler Entwicklungen von Museen und Ausstellungen rekonstruierbar, die von Anke te Heesen nachgezeichnet werden.[51] Beschrieben wird von ihr die Diskussion in den 1980er Jahren um das Konzept des „Neuen Museums“ und dessen soziale Aufgaben. Orientierung innerhalb dieser Diskussion boten sogenannte Nachbarschaftsmuseen, „die die Lebenswirklichkeit der Bevölkerung berücksichtigten, ein Identifikationsangebot mit dem direkten Umfeld ermöglichen und das gemeinschaftliche Engagement fördern sollten“.[52]

Auch den zweiten Schwerpunktwechsel von politisch zu pädagogisch beschreibt te Heesen innerhalb eines größeren Rahmens, was möglicherweise ebenfalls im Verhältnis zueinander gesehen werden kann. Diesbezüglich spricht sie von „Didaktisierungsbemühungen“ [53] der Museen und von einem neuen Objektverständnis, das seit den 1990er Jahren die Institution des Museums umfassend beeinflusste:

„In der nun stattfindenden Hinwendung zu den frühzeitlichen Kunst- und Wunderkammern kommt die Idee eines umfassenden, alle Segmente des Wissens beherbergenden Traums zum Ausdruck, in dem die Objekte nicht allein mit Vorwissen, sondern auch durch Assoziation und sorgfältige Beobachtung erschlossen werden können. Die Aufwertung der sinnlichen Erkenntnismöglichkeiten des Menschen (und Besuchers) steht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Damit wird die seit der Französischen Revolution bedeutsame politische Dimension des Museums ausgespart.“[54]

Die angesprochenen Didaktisierungsbemühungen, die zum Teil auch konkret in einzelnen Werken angelegt sind,[55] sowie das beschriebene neue Objektverständnis der Akteur*innen, welches eine politische Dimension ausspart und auf eine sorgfältige Beobachtung der Exponate seitens der Betrachter*innen setzt, lässt vielleicht die veränderte und in Abbildung 13 exemplarisch veranschaulichte Formsprache innerhalb der erhobenen Impactbilder erklären beziehungsweise in Bezug zueinander bringen.

 

Zu den Vor- und Nachteilen der unterschiedlichen Bilder mit Impact

Der in der Analyse nachzeichenbare Motivwandel medial hervortretender Bilder mit Impact zeigt unterschiedliche Schwerpunktsetzungen und ist sicherlich diskutierbar. Dass in der zeitlichen Abfolge zunächst vermehrt Medienereignisse anzuführen sind, die für die Medienberichterstattung produziert wurden und in die Ausstellungen eingingen beziehungsweise online über deren Titel aufzufinden waren, verwundert nicht. Auch die Schwerpunktverschiebung des ersten Motivwandels – von dokumentarisch zu politisch – ist für die datierte Zeit nicht ungewöhnlich. Mit Blick auf die zeitliche Verschiebung der früh produzierten Bilder und deren erst mehrere Jahre später erlangten Wirkmächtigkeit, deren Bildaussagen und Autor*innenschaft sowie deren distributionsfördernden Institutionen wird jedoch die selektive Durchlässigkeit für mediale Diskursaussagen deutlich und die Relevanz des Konzepts der Agency unterstrichen.

Fördernde Institutionen wie zum Beispiel das Dokumentationszentrum DOMiD nehmen einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschichtsgenerierung und bringen bislang eher marginal verbliebene Aussagen in den thematisch ausgerichteten Diskurs ein. Sind die Motive der zweiten Teilgruppe zur damaligen Zeit als Gegennarrative zu verstehen, die die Aussage der dominanten Darstellungen von vermeintlich freudiger Ankünfte erweiterten und über die auf Missstände sowie prekäre Verhältnisse wie zum Beispiel die Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt hingewiesen wurde, sind ebendiese Motive aus heutiger Sicht problematisierbar. Da über die Fotografien meist auf prekäre Lebensverhältnisse verwiesen wird, werden sie vom heutigen Standpunkt aus als einseitig und stigmatisierend wahrgenommen.[56] Ihr politisches Moment als Gegennarrativ ist innerhalb des weiter ausdifferenzierten Diskurses verloren gegangen, und es wird für eine vielschichtigere Darstellung des Themas plädiert.

Der zweite Motivwandel – von politisch zu pädagogisch – ist ebenfalls hinsichtlich der Vor- und Nachteile zu diskutieren. Die personenbezogenen Darstellungen sind in den meisten Fällen in einer seriellen Arbeit eingebettet, über die mittels einer Kombination von einerseits Porträtfotografien und andererseits Texttafeln die Komplexität biografischer Verläufe aufgegriffen wird. Stellt dieser Zugang über die biografisch ausgerichteten Textelemente zwar eine Möglichkeit dar, die vermisste Vielschichtigkeit aufzugreifen, sind die alleinigen Porträtaufnahmen ohne Bezug zu den schriftlichen Informationen ebenfalls zu problematisieren. Das verlorengegangene politische Moment der Bildaussage wurde diesbezüglich bereits aufgegriffen.

Auf bildlicher Ebene wird Migration darüber hinaus mit dem körperlichen Erscheinungsbild der abgebildeten Personen verknüpft, obwohl das übergreifende Thema ein sozial konstruiertes ist und nicht an Biologismen anschließen sollte. Diese fatale Kopplung verfestigt sich, wenn einzelne Porträts für die mediale Berichterstattung aus den Ausstellungskonzeptionen herausgegriffen werden und das Thema Migration ohne die vorhandenen Textbezüge stellvertretend repräsentieren. Den Rezipient*innen wird darüber suggeriert, dass den porträtierten Personen etwas ansehbar sei, das fotografisch eigentlich nicht abbildbar ist.

 

Zusammenfassendes sowie Abschließendes

Die drei für den Untersuchungszeitraum rekonstruierten Bildgruppen – dokumentarisch, politisch und pädagogisch – lassen in ihrer spezifischen Zeitlichkeit von Bildproduktion und Diskursermächtigung einen Motivwandel innerhalb der medialen Berichterstattung erkennen. Über sie wird die Prozesshaftigkeit diskursiv-medialer Strukturen deutlich sowie deren veränderte Durchlässigkeit für bestimmte Bildaussagen. Damit soll jedoch nicht gesagt werden, dass die Motive vollends durch den Zeitpunkt der Aufnahme bestimmt waren. Auch ist damit nicht gesagt, dass zum Beispiel Bilder mit politischem Charakter aus der zweiten Teilgruppe heute nicht mehr gezeigt werden würden; diese sind auch in heutigen Ausstellungen als Exponate zu sehen. Dennoch lässt sich über die zeitlich klar abgrenzbaren Teilgruppen ein präziseres Verständnis über die Wirkmächtigkeit der Motive sowie die Durchlässigkeit diskursiv-medialer Strukturen herstellen.

Innerhalb des zweiten bzw. aktuellsten Motivwandels, zu den vergleichsweise spät produzierten Bildern aus erziehungswissenschaftlicher Intention heraus, verlagerte sich der Fokus auf Porträtfotografien, bei denen die abgebildeten Personen aufgrund ihrer Freistellung vom Hintergrund merklich hervortreten. Dieser Wandel in der Durchlässigkeit medialer Strukturen ist auf Institutionen zurückzuführen, die das Format der Themenausstellung seit der Jahrtausendwende verstärkt als Bildungsmedium einbezogen und die den damaligen Bildern mit veränderter Gestaltungsform ihre Agency verliehen haben. Gesellschaftskritische Aspekte wurden zu Gunsten von personenzentrierten Porträtdarstellungen ausgespart; auf Bildebene sind diese nicht mehr sichtbar. Zugleich wurde mit der veränderten Bildaussage der Forderung nachgekommen, weniger einseitige und zum Teil stigmatisierende Bildaussagen zu produzieren beziehungsweise zu tradieren.

Das Konzept eines Zusammenspiels von einerseits Porträtfotografien und andererseits biografisch ausgerichteten Textelementen ist wesentlich offener gehalten und lässt auch komplexere Zusammenhänge in ihrer Thematisierung zu. Dennoch ist auf die Gefahr hinzuweisen, dass darüber das gesamtgesellschaftliche sowie sozial konstruierte Thema auf einzelne Personen zurückgeführt wird und Migration als etwas vermeintlich körperlich Ansehbares verstanden werden kann.

Bezogen auf die Wirkmächtigkeit der Bilder dieser Teilgruppe sowie deren Diskurseinführung traten Institutionen hervor, die einen klaren Bildungsauftrag im Sinne einer interkulturellen Pädagogik verfolgten und den Fokus auf biografische Aspekte richteten. So sind seitdem verstärkt vom Hintergrund freigestellte Personenporträts in der medialen Berichterstattung zu den Themenausstellungen zu finden, die auch innerhalb des gesamt betrachteten Bildkorpus einen wesentlichen Teil ausmachen. Auch wenn nach der Erhebungsphase der Gesamtstudie seit dem Jahr 2015 und den veränderten Migrationsbewegungen wieder verstärkt dokumentarisch anmutende Fotografien produziert wurden, zeichnet sich momentan ein weiterer Motivwandel der medial hervortretenden Bilder aus den Themenausstellungen noch nicht ab; auffindbar sind neben dem Format der Ausstellungsansichten weiterhin vor allem die personenbezogenen Porträtfotografien.

 

 

[1] Vgl. Gerhard Paul, Das Jahrhundert der Bilder. Die visuelle Geschichte und der Bildkanon des kulturellen Gedächtnisses, in: ders. (Hg.), Das Jahrhundert der Bilder. Bildatlas Bd. 2: 1949 bis heute, Göttingen 2008, S. 14-39, hier S. 31.

[2] Vgl. beispielsweise ebd., S. 28ff.

[3] Tim Wolfgarten, Zur Repräsentation des Anderen. Eine Untersuchung von Bildern in Themenausstellungen zu Migration seit 1974, Bielefeld 2019; Violetta Rudolf, Rezension zu: Wolfgarten, Tim: Zur Repräsentation des Anderen. Eine Untersuchung von Bildern in Themenausstellungen zu Migration seit 1974. Bielefeld. 2019, in: H-Soz-Kult, 15.05.2019, www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-28069.

[4] Einige Abbildungen sowie Textpassagen wurden aus der genannten Studie für den vorliegenden Beitrag übernommen.

[5] Gerhard Paul (Hg.), Das Jahrhundert der Bilder. 2 Bde., Göttingen 2008.

[6] Siehe hinsichtlich einer genaueren Beschreibung des „Journal Impact Factors“ sowie der Möglichkeiten und auch Grenzen des Instruments Ulrich Herb/Daniel Beucke, Die Zukunft der Impact-Messung. Social Media, Nutzung und Zitate im World Wide Web, in: Wissenschaftsmanagement – Zeitschrift für Innovation 19 (2013), H. 4, S. 22-25, online unter http://eprints.rclis.org/20143/1/Die%20Zukunft%20der%20Impact%20Messung%20%20fuer%20Reps%20fertig.pdf [12.06.2020].

[7] Weitere Suchmaschinen ergaben ähnliche beziehungsweise keine zusätzlichen Ergebnisse oder waren in ihrer Ergebnisdarstellung nicht so umfangreich.

[8] Die Ausstellung ist seit dem Jahr 2006 an unterschiedlichen Orten zu sehen gewesen. Konzipiert wurde sie von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, zu der weiteres Begleitmaterial angeboten wird.

[9] Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hg.) (2006): Flucht – Vertreibung – Integration. Begleitbuch der Ausstellung im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bielefeld: Kerber.

[10] Die Ausstellung wurde zwischen dem 29.06.2012 und dem 15.06.2012 im Neuen Rathaus Wetzlar vom Regionalbüro Mainz der Friedrich-Ebert-Stiftung gezeigt.

[11] Siehe der Reihe nach zu den jeweiligen Punkten exemplarisch die Cover- und Werbebilder der Ausstellungskonzepte „50 Jahre ‚Gastarbeiter‘ aus der Türkei“, Friedrich-Ebert-Stiftung, Wetzlar 2012; „Eiskalte Leidenschaft. Italienische Eismacher im Ruhrgebiet“, Landschaftsverband Westfalen-Lippe, LWL-Industriemuseum, Bochum 2009; „Neues Leben. Russen – Juden – Deutsche“, Stiftung Jüdisches Museum Berlin, Berlin 2012 und „Heimat für Fremde? Migration und Integration in Deutschland vom Zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart am Beispiel Ostwestfalen-Lippe“, Arbeitskreis ostwestfälisch-lippische Archive, seit 2011 in mehreren Städten gezeigt.

[12] Die damalige Bezeichnung sogenannter Gastarbeiter wird aufgrund der historischen Bezugnahme nicht nachträglich gegendert. Die Distanzierung zu der ausschließlich maskulinen Form erfolgt durch die Begriffskombination mit dem vorgelagerten „sogenannt“.

[13] Michel Foucault, Die Heterotopien. Der utopische Körper: zwei Radiovorträge, Frankfurt a.M. 2005.

[14] Siehe dazu einleitend beispielsweise: Sigrid Schade/Silke Wenk, Studien zur visuellen Kultur. Eine Einführung, Bielefeld 2011; hinsichtlich „(Neu-)Verortungen der Visuellen Kultur im Kontext von Migrationskultur“: Ömer Alkın, Die (In-)Disziplin Visuelle Kultur. Ein Kommentar zu Mitchells Bamboozled-Text und (Neu-)Verortungen der Visuellen Kultur im Kontext von Migrationskultur, in: ders. (Hg.), Deutsch-Türkische Filmkultur im Migrationskontext, Wiesbaden 2017, S. 189-223.

[15] Frank-Olaf Radtke bezog sich bereits im Jahr 1996 auf die Ikone des Seiteneinsteigers: Frank-Olaf Radtke, Seiteneinsteiger – Über eine fragwürdige Ikone der Schulpolitik, in: Wolfgang Keim u.a. (Hg.), Jahrbuch für Pädagogik. Pädagogik in multikulturellen Gesellschaften, Frankfurt a.M. 1996, S. 49-63.

[16] Das Cover des Sammelbands „Geschichte und Gedächtnis in der Einwanderungsgesellschaft. Migration zwischen historischer Rekonstruktion und Erinnerungspolitik“, hg. von Jan Motte und Rainer Ohliger im Jahr 2004, Essen Klartext Verlag, wurde neben dem thematischen Aspekt auch hinsichtlich der Bilddistribution exemplarisch ausgewählt. So werden Bilder unter anderem über die Funktion des Coverbildes in den Diskurs eingeführt sowie verbreitet und ihr Bekanntheitsgrad wird darüber gesteigert.

[17] Siehe zu Medienikonen und stereotypen Darstellungsformen von Migration auch: Sabine Hess, Hegemoniale Diskurs-Bilder brechen – eine kulturwissenschaftliche Kritik der dominanten Wissensproduktion zu Migration, in: Burcu Doğramacı (Hg.), Migration und künstlerische Produktion. Aktuelle Perspektiven, Bielefeld 2013, S. 107-122; Sabine Hess, Movements of Migration – Neue Positionen im Feld von Stadt, Migration und Repräsentation. Eine Hinleitung, in: dies./Torsten Näser (Hg.), Movements of Migration. Neue Positionen im Feld von Stadt, Migration und Repräsentation, Berlin 2015, S. 10-29; Birgit Haehnel, Zeitgeist-Ikonen der Illegalität – massenmediales Phänomen und künstlerische Gegenstrategien, in: Doğramacı (Hg.), Migration und künstlerische Produktion, S. 123-140.

[18] Martin Hellmold, Warum gerade diese Bilder? Überlegungen zur Ästhetik und Funktion der historischen Referenzbilder moderner Kriege, in: Thomas F. Schneider (Hg.), Kriegserlebnis und Legendenbildung. Das Bild des „modernen“ Krieges in Literatur, Theater, Photographie und Film; Bd. 1: Vor dem Ersten Weltkrieg, Osnabrück 1999, S. 34-50, hier S. 36.

[19] Ebd.

[20] Siehe hierzu unter anderem Michael Diers, Schlagbilder. Zur politischen Ikonographie der Gegenwart, Frankfurt a.M. 1997; Katharina Lobinger, Visuelle Kommunikationsforschung. Medienbilder als Herausforderung für die Kommunikations- und Medienwissenschaft, Wiesbaden 2012; Paul (Hg.), Das Jahrhundert der Bilder.

[21] Bild- und Medienikone werden nicht synonym zueinander verstanden; in diesem Kontext wird der Begriff der „Medienikone“ verwendet.

[22] Paul, Das Jahrhundert der Bilder, S. 28ff.

[23] Ebd., S. 30.

[24] Diers, Schlagbilder, S. 7.

[25] Martin Warnke, Vier Stichworte: Ikonologie – Pathosformel – Polarität und Ausgleich – Schlagbilder und Bilderfahrzeuge, in: Werner Hofmann/Georg Syamken/Martin Warnke (Hg.), Die Menschenrechte des Auges. Über Aby Warburg, Frankfurt a.M. 1980, S. 53-83.

[26] Aby Warburg, Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten, in: ders., Werke in einem Band. Auf der Grundlage der Manuskripte und Handexemplare, hg. und kommentiert von Martin Treml, Sigrid Weigel und Perdita Ladwig, Berlin 2010, S. 424-491, hier S. 456.

[27] Vgl. Paul, Das Jahrhundert der Bilder, S. 30.

[28] Ebd., S. 31.

[29] Ebd.

[30] Vgl. ebd., S. 29.

[31] Gerhard Paul, „Mushroom Clouds“. Entstehung, Struktur und Funktion einer Medienikone des 20. Jahrhunderts im interkulturellen Vergleich, in: ders. (Hg.), Visual History. Ein Studienbuch, Göttingen 2006, S. 243-264, hier S. 243.

[32] Lobinger, Visuelle Kommunikationsforschung, S. 121, differenziert Medienikonen darüber hinaus nach David Perlmutter, Photojournalism and Foreign Policy: Icons of Outrage in International Crises, Westport 1998, S. 11, in „discrete icon“, einem bestimmten Einzelmotiv, und „generic icon“, verschiedene Bilder mit dem gleichen Motiv. Auch Paul, Das Jahrhundert der Bilder, S. 30, trifft weitere Unterscheidungen, und zwar die zwischen globalen und nationalen Medienikonen sowie über die Bezeichnungen „Superikone“, „Ereignisikone“, „politisch-personale Ikone“, „Popikone“, „Werbeikone“, „soziale Ikone“ sowie „Technik- und Fortschrittsikone“, ebd. S. 29f.; vgl. auch Gerhard Paul, Bilder, die Geschichte schrieben. 1900 bis heute, Bonn 2011, S. 8f.

[33] Mit Blick auf die zeitliche Begrenzung der erhobenen Ausstellungen bis einschließlich des Jahres 2013 sähe das Ergebnis zum heutigen Zeitpunkt im Jahr 2020 wahrscheinlich anders aus. Fotografien beispielsweise überfüllter Boote würden den Status von Schlüsselbildern zugeschrieben bekommen und so eventuell in der Korpusverdichtung auftauchen.

[34] Veit Didczuneit, Der „Vorzeigegastarbeiter“. Die Begrüßung des millionsten Gastarbeiters als Medienereignis, in: Paul (Hg.), Das Jahrhundert der Bilder. Bd. 2, S. 306-313, hier S. 306.

[35] Ebd., S. 312.

[36] Paul (Hg.), Das Jahrhundert der Bilder. 2 Bde.

[37] Vgl. Paul (Hg.), Bilder, die Geschichte schrieben.

[38] Erhard Schütz, Der „Käfer“. Die Ikone des Wirtschaftswunders, in: Paul (Hg.), Bilder, die Geschichte schrieben, S. 156-163, hier S. 156.

[39] Vgl. in diesem Kontext Wolfgarten, Zur Repräsentation des Anderen, S. 45ff. oder auch Patricia Deuser, Migration im Museum. Zum aktuellen Stand der Auseinandersetzung mit den Themen Migration und kulturelle Vielfalt in deutschen Museen, Berlin 2012, S. 14f.

[40] Joachim Baur fordert diesbezüglich nicht nur eine museale Repräsentation von „harmonischen Erfolgsgeschichten“, auch solle auf „gesellschaftliche Konflikte, Machtverhältnisse und Ungleichheiten“ aufmerksam gemacht werden; vgl. Joachim Baur, Migration – Kultur – Integration. Und die Rolle des Museums? Vorläufige Vermessungen eines unwägbaren Terrains, in: Museumskunde 75 (2010), H. 1, S. 12-19, hier S. 18, online unter http://exponauten.de/wp-content/uploads/2017/01/Baur_Migration-Kultur-Integration_MuKu.pdf. Die von ihm getätigte Unterscheidung zwischen harmonischen und weniger harmonischen Inhalten ist ebenfalls über die vorgefundenen Impactbilder sowie den erwarteten, jedoch nicht medial verwendeten Bildern zu den Ausstellungen nachzeichenbar. Im medialen Diskurs sind demnach jene Bilder als dominant anzusehen – die Bezeichnung verwendete Carmen Mörsch am 29.04.2017 innerhalb des Symposiums „Decolonizing Arts Education“ an der Universität zu Köln –, über die keine Aspekte einer Gesellschaftskritik ausgeübt werden. Bilder, über die strukturelle Ungleichheiten thematisiert werden und eine Macht- sowie Rassismuskritik erkennbar ist, sind kaum über die Ausstellungen in den medialen Diskurs eingegangen.

[41] Candida Höfer, aus der Serie „Türken in Deutschland“, ohne Ortsangabe, 1979.

[42] Candida Höfer, Eckermannstraße Hamburg 1978, Hamburg 1978; Candida Höfer, Weidengasse Köln 1975, Köln 1975; Angelo Martini, Giovanni Martini auf den Straßen Recklinghausens, Recklinghausen, um 1910.

[43] Siehe zur Fachdisziplin und den damit pädagogisch einhergehenden Anforderungen sowie Zielen: Georg Auernheimer, Einführung in die Interkulturelle Pädagogik, Darmstadt 2012; Isabell Diehm/Frank-Olaf Radtke, Erziehung und Migration: eine Einführung, Stuttgart 1999; Ingrid Gogolin/Viola Georgi/Marianne Krüger-Potratz/ Drorit Lengyel/Uwe Sandfuchs (Hg.), Handbuch Interkulturelle Pädagogik, Bad Heilbrunn 2018; Ingrid Gogolin/Marianne Krüger-Potratz, Einführung in die Interkulturelle Pädagogik, Opladen/Farmington Hills 2010; Alfred Holzbrecher, Interkulturelle Pädagogik, Berlin 2008; Marianne Krüger-Potratz, Interkulturelle Bildung. Eine Einführung, Münster 2005; Paul Mecheril, Einführung in die Migrationspädagogik, Weinheim/Basel 2004; ders. (Hg.), Handbuch Migrationspädagogik, Weinheim/Basel 2016; ders./Varela Castro/María do Mar/İnci Dirim/Annita Kalpaka/Claus Melter (Hg.), Migrationspädagogik, Weinheim/Basel 2010; Wolfgang Nieke, Interkulturelle Erziehung und Bildung. Wertorientierungen im Alltag, Wiesbaden 2008; Arnd-Michael Nohl, Konzepte interkultureller Pädagogik. Eine systematische Einführung, Bad Heilbrunn 2006; Hans-Joachim Roth, Kultur und Kommunikation. Systematische und theoriegeschichtliche Umrisse Interkultureller Pädagogik, Opladen 2002.

[44] Die Knipserfotografie wird als „spezifische, lebensgeschichtlich ausgerichtete fotografische Praxis“ verstanden; Timm Starl, Knipser. Die Bildgeschichte der privaten Fotografie in Deutschland und Österreich 1880 bis 1980, München 1995, S. 23; zit. n. Ulrike Pilarczyk/Ulrike Mietzner, Das reflektierte Bild. Die seriell-ikonografische Fotoanalyse in den Erziehungs- und Sozialwissenschaften, Bad Heilbrunn 2005, S. 83.

[45] Cornelia Helfferich, Einleitung: Von roten Heringen, Gräben und Brücken. Versuche einer Kartierung von Agency-Konzepten, in: Stephanie Bethmann u.a. (Hg.), Agency. Die Analyse von Handlungsfähigkeit und Handlungsmacht in qualitativer Sozialforschung und Gesellschaftstheorie, Weinheim/Basel 2012, S. 9-39, hier S. 10.

[46] Diesmal ist die Bezeichnung fast ausschließlich maskulin zu lesen. Exemplarisch ist für diese Gruppe die bereits thematisierte und wohl bekannteste Fotografie aus der Zeit anzuführen: Die feierliche Begrüßung des sogenannten millionsten Gastarbeiters von Horst Ossinger. Im Fokus der Fotografie steht Armando Rodrigues de Sá, der mit einem Blumenstrauß in der Hand, und vor einer feierlichen Menge im Hintergrund, auf dem kurz vorher überreichten Moped für die Presse in Pose gebracht wurde.

[47] Vgl. z.B. Abigail Solomon-Godeau, Wer spricht so? Einige Fragen zur Dokumentarfotografie, in: Herta Wolf (Hg), Diskurse der Fotografie. Fotokritik am Ende des fotografischen Zeitalters. Bd. 2, Frankfurt a.M. 2003, S. 53-74.

[48] Siehe zu „Dokumentarismen im Kunstfeld“: Hito Steyerl, Die Farbe der Wahrheit. Dokumentarismen im Kunstfeld, Wien 2008, und zur Auseinandersetzung mit der Frage, wann Fotografie dokumentarisch sei: Bettina Lockemann, Das Fremde sehen. Der europäische Blick auf Japan in der künstlerischen Dokumentarfotografie, Bielefeld 2008, S. 85ff.

[49] Siehe dazu ausführlicher Aytaç Eryılmaz/Martin Rapp, Auf dem Weg zu einem Migrationsmuseum: Ein Migrationsmuseum in Deutschland – Thesen und Entwürfe, in: DOMiT-Dokumentationszentrum und Museum über die Migration aus der Türkei e.V. (Hg.), Ein Migrationsmuseum in Deutschland. Thesen, Entwürfe, Erfahrungen; zweite internationale Tagung vom 17. bis 19. Oktober 2003 im Kölnischen Kunstverein, Köln; Dokumentation zur Fachtagung, Köln 2004, S. 27-34.

[50] Die zwei genannten Ausnahmen beziehen sich auf folgende Fotografien: Michael Kerstgens, Die Brit Mila dauert nur wenige Sekunden. Als jüdisches Gemeindemitglied wird der Junge der Familie übergeben. Ein Finger Wein soll das Kind beruhigen, Berlin 1992 und Mischa Kuball, Familie Saeed, Moers, o.J.

[51] Anke te Heesen, Theorien des Museums zur Einführung, Hamburg 2012.

[52] Ebd., S. 145.

[53] Ebd., S. 152.

[54] Ebd., S. 153.

[55] Siehe dazu ausführlicher: Tim Wolfgarten, Ausstellungen mit Bildern lesen – eine formalgestalterische Perspektive auf die Szenographie der Migration, in: IMIS-Beiträge 51 (2017), H. 1, S. 193-218, online unter http://www.imis.uni-osnabrueck.de/fileadmin/4_Publikationen/PDFs/imis51.pdf [15.06.2020].

[56] Vgl. z.B. Thomas Höhne, Migranten in Massenmedien, in: ders./Thomas Kunz/Frank-Olaf Radtke (Hg.), Bilder von Fremden. Was unsere Kinder aus Schulbüchern über Migranten lernen sollten, Frankfurt a.M. 2005, S. 555-559.

 

 

Zitation


Tim Wolfgarten, Bilder mit Impact. Eine Analyse zur Diskursmächtigkeit von Bildern aus Themenausstellungen zu Migration, in: Visual History, 29.06.2020, https://visual-history.de/2020/06/29/bilder-mit-impact/
DOI: https://doi.org/10.14765/zzf.dok-1778
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