Fotografie im Nationalsozialismus – eine Zwischenbilanz
Dachauer Symposium zur Zeitgeschichte 15/16. Oktober 2021
Das 20. Jahrhundert ist das „Jahrhundert der Bilder“ (Gerhard Paul) – die Bedeutung von visuellen Medien ist nicht zu übersehen. Insbesondere die Nationalsozialisten haben die politische Relevanz von Bildern für die Propaganda erkannt und sorgfältig auf die visuelle Inszenierung ihrer Macht geachtet. Die Posen und Gesten, die Hitler mit seinem Fotografen Heinrich Hoffmann in den 1920er Jahren einstudierte, oder die Filme von Leni Riefenstahl sind ein beredtes Beispiel dafür.
Zehntausende Knipser haben ihren Alltag, die „Volksgemeinschaft“ und den Krieg fotografiert. Doch gab es im Nationalsozialismus auch Gegen-Bilder von jüdischen Fotografinnen und Fotografen, die ihre Lebenswirklichkeit, Verfolgung wie Selbstbehauptung, dokumentierten. Selbst in den Konzentrationslagern gelang es Häftlingen unter Lebensgefahr, Fotos von den Gewaltverhältnissen aufzunehmen.
Seit vielen Jahren stellen Museen und Gedenkstätten Fotos aus der NS-Zeit aus; in Nottingham, Berlin, London und anderen Orten sind Forschungsprojekte zu Fotografie im Nationalsozialismus verwirklicht worden – Grund genug, um Zwischenbilanz zu ziehen. Welche neuen Fragen werden heute an Fotografien gestellt? Welche Erkenntnisse können aus dem Umgang mit Fotografien sowohl in der Vermittlung wie auch in der Forschung gewonnen werden?
Und nicht zuletzt stellt sich drängend die Frage, wie mit Fotografien aus der NS-Zeit im Internet umgegangen werden soll. Was lässt sich gegen Bildfälschungen und verzerrende Interpretationen tun? Brauchen wir eine Enzyklopädie der Bilder?
Es laden herzlich ein:
■ Florian Hartmann, Oberbürgermeister der Stadt Dachau
■ Felizitas Raith, Max-Mannheimer-Haus, Dachau
■ Michael Wildt, Humboldt-Universität zu Berlin (Wissenschaftliche Leitung)
■ Sybille Steinbacher, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Fritz Bauer Institut (Projektleitung)
Freitag, 15. Oktober 2021
13.00-13.30 Uhr
Begrüßung
Michael Wildt (Berlin): Einführung
13.30-15.00 Uhr
Von Fotoalben und Bilderrahmen. Private Blicke im NS-Deutschland
Maiken Umbach (Nottingham): Raum und Zeit in privaten deutschen Fotoalben 1933-1945. Ein Bericht aus dem Forschungsprojekt „Photography as Political Practice in National Socialism“
Ulrich Prehn (Berlin): Mit der Kamera „zu Leibe rücken“. Einige Überlegungen zur fotografischen Erzeugung von „Nähe“ und „Distanz“ im nationalsozialistischen Deutschland
15.15-16.45 Uhr
Gegen-Blicke. Jüdische Fotografinnen und Fotografen
Robert Müller-Stahl (Potsdam): Selbstbestimmte Unbeschwertheit? Deutsch-jüdische Reisefotografien zwischen Weimarer Republik und Nationalsozialismus
Theresia Ziehe (Berlin): Jüdische Perspektiven in Fotografien aus der Zeit des Nationalsozialismus
17.00-18.30 Uhr
Fotografie und Gewalt. Neue Perspektiven
Christoph Kreutzmüller (Berlin): Vom Gräuel des Übersehens. Eine Fotoserie aus dem Lili Jacob Album
Andrea Genest (Ravensbrück): Vorstellungen von Gewalt. Zum Umgang mit Fotografie in NS-Gedenkstätten
18.30-19.30 Uhr
Offener Workshop zu Fotografien
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Samstag, 16. Oktober 2021
9.15-10.45 Uhr
Fotografien des Nationalsozialismus im Internet. Chancen und Probleme
Cornelia Jahn (München): Das Fotoarchiv von Heinrich Hoffmann (1885-1957). Erwerbung, Erschließung, Nutzung
Christine Bartlitz (Potsdam): Zwischen Aufklärung, Täter-Perspektive und emotionaler Überwältigung. Fotografien aus der Zeit des Nationalsozialismus im Netz
11.00-12.30 Uhr
Brauchen wir eine Enzyklopädie der Bilder?
Podiumsdiskussion mit Cornelia Brink, Petra Bopp, Gabriele Hammermann, Gerhard Paul und Annette Vowinckel, moderiert von Michael Wildt und Sybille Steinbacher
Kontakt
Max-Mannheimer-Haus
Studienzentrum und Internationales Jugendgästehaus
Roßwachtstraße 15
85221 Dachau
Fon +49(0)8131/61 77-10
Fax +49(0)9131/61 77-19
Email: bildung@mmsz-dachau.de