Das Schweigen überwinden
Die Kunstwissenschaftlerin Elena Korowin im Interview über ihr Buch „Krieg geht viral. Visuelle Kultur und Kunst im Ukraine-Krieg“
„Krieg geht viral“ ist wohl auch drei Jahre nach dem russischen Großangriff auf die Ukraine ein passender Untertitel für diesen Krieg. Doch für ihr Buch sammelte die Kunstwissenschaftlerin Elena Korowin bereits in den Jahren 2022/23 visuelle Kultur und Kunst aus dem digitalen Raum und analysierte die ganz unterschiedlichen künstlerischen Reaktionen aus der Ukraine, Russland und Deutschland auf den Krieg – von Fotografien und Tagebüchern bis zu Memes und Street Art. Im Gespräch mit der Public Historian und Visual History-Redakteurin Josephine Kuban blickt die Autorin auf das erste Kriegsjahr und die Entstehung ihres Buches zurück und spricht über die Funktionen und Wirkungen von visuellen Medien im Krieg, aber auch über den Umgang mit solchen Kriegsbildern.
Josephine Kuban: Ihr Buch beginnt mit den Worten: „Dieses Buch veraltete schon in dem Moment, in dem es geschrieben wurde, und dennoch musste es geschrieben werden.“ Warum musste es geschrieben werden?
Elena Korowin: Ich arbeite schon sehr lange zu russischer und ukrainischer Kunst. Als der russische Angriffskrieg in der Ukraine im Februar 2022 begann, gab es zuerst ein großes Schweigen. Das hat auch mich eingeschlossen. Der Schock war so groß, dass ich ihn auf diese Art und Weise verarbeiten musste. Mit dem Buch konnte ich mein eigenes Schweigen schließlich überwinden.
Es behandelt visuelle Kultur und Kunst aus dem Ukraine-Krieg, also all die Bilder, die medial auf uns zuströmen und die wir in den Sozialen Medien konsumieren. Als Zeitzeugin ist mein Blick auf diese Bilder durch meine Erfahrungen geprägt, weshalb ich mich anfangs noch nicht in der Lage gefühlt habe, eine theoretische oder philosophische Analyse zu schreiben. Mittlerweile ist einige Zeit seit der Buchveröffentlichung vergangen, und mein Blickwinkel hat sich verändert. Aber ich bin, was Bilder und ihre Wirkung angeht, sehr vorsichtig und respektvoll, weil ich glaube, dass wir die Wirkung von Bildern oft gar nicht richtig einschätzen können, wenn wir nicht einen größeren zeitlichen Abstand zu ihnen haben.
Was hat Sie an den Bildern vom Angriffskrieg in der Ukraine besonders geschockt?
Vor allem die Bilder von russischer Seite, die sehr dominant die Propaganda aus der Stalin-Zeit aufgreifen, haben mich aufmerksam gemacht. Ich habe mir zwar vorstellen können, dass die russischen Bilder in dieser propagandistischen Tradition stehen. Aber um den Schock zu überwinden und auch deutlich aufzuzeigen, dass die russische Propaganda in diesem Krieg wieder mit Methoden aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts arbeitet, wollte ich die Bilder festhalten. Im Buch habe ich viele Bilder mit dem sozialistischen Realismus verglichen und kontextualisiert. Das sind zum Teil Bildrhetoriken, die schon über eine sehr lange Zeit im postsowjetischen Raum tradiert werden.
Neben der Verarbeitung des Geschehenen, die Sie schon erwähnt haben, war also auch die Dokumentation der Bilder – vielleicht auch gerade im digitalen Zeitalter – ein Grund, warum das Buch geschrieben werden musste, oder?
Ja, das Bewahren war für mich auch von großer Bedeutung. In Zeiten Sozialer Medien und der dazugehörigen Schnelllebigkeit ist eine riesige Welle an Bildern seit dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 auf uns zugerollt. Das haben wir alle wahrgenommen. Vieles davon läuft über gewisse Feeds oder Blasen, die wir uns selbst aufbauen, dann aber nur noch selten steuern können. Das heißt, wir sehen nur einen ganz kleinen Teil vom großen Ganzen. Dementsprechend wollte ich festhalten, was für mich persönlich in den ersten Monaten des Krieges wichtig schien und was eventuell Jahre später in diesen riesigen Datenmengen verschwinden und vergessen werden könnte.
Herausforderungen bei der Dokumentation von Bildern
Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?
Die erste Herausforderung ist die Distanz, die ich wahren wollte. Wir wissen, dass eine hundertprozentige Objektivität nicht gewährleistet werden kann, aber die bestmögliche Objektivität mit Blick auf das Material war mir wichtig. Gleichzeitig ist das Bildmaterial Teil meines täglichen digitalen Brots. Die zweite Herausforderung ist die Menge an Bildern, die es zu sortieren gilt. Ich habe vor kurzem mit Wissenschaftlerinnen aus der Ukraine gesprochen, die gerade versuchen, Bilder von Künstler:innen zu kategorisieren, die auf Instagram gepostet wurden. Das ist eine Mammutaufgabe. Für mich ist das allerdings weniger relevant, weil ich nicht die Quantität, sondern die Qualität der Bilder und ihre wiederkehrenden Motive interessant finde. Dafür habe ich gezielt Feeds und Posts nach bestimmten Themen und Genres durchforstet und meine Suche möglichst breit gestreut. Gleichzeitig bin ich mir bewusst, dass dabei sehr viel ausgeklammert wird. Das ist der Fluch bei der Arbeit mit den Sozialen Netzwerken. Man kann nie etwas in Gänze erfassen, nur Tendenzen.
Das wäre dann die dritte Herausforderung …
Stimmt – und ich werde einfach mit den Herausforderungen fortfahren, denn es gibt tatsächlich sehr viele. Eine ganz bedeutsame ist – wenn wir von den künstlerischen Bildwerken absehen – die Unterscheidung zwischen einem Fake und einem realen Bild. Da sind die Grenzen verschwommen, und als Wissenschaftlerin gilt es, sich genaue Parameter zu setzen, was für mich ein gefaktes und was ein reales Bild ist. Denn je nachdem, welche Parameter man ansetzt, könnte auch schon ein Bild, auf dem Menschen posieren, als „gefakt“ gelten. Es muss also nicht einmal ein Screenshot aus einem Videospiel oder eine technische Manipulation sein, die als dokumentarisches Bild im Umlauf ist. Das ist heutzutage eine große Herausforderung, und vielen Menschen fehlt das Wissen darüber, wie sie diese Bilder erkennen können. Ich mache hier einen Punkt, auch wenn es dazu sicher noch viel mehr zu sagen gäbe.
Eine Herausforderung zu nennen, ist mir noch wichtig, wenn wir über Bilder aus dem Angriffskrieg in der Ukraine sprechen, die ja auch Gewalt und Gräueltaten zeigen. Wenn es also um die Würde von Kriegsopfern und ihren Angehörigen geht: Wie und wie oft sollten solche Bilder von wem gesehen werden?
Dazu habe ich eine gespaltene Meinung: als Privatperson und als Wissenschaftlerin. Als Privatperson möchte ich mich diesen gewaltvollen Bildern nicht aussetzen. Ich bin davon überzeugt, dass sie uns ein Stück weit verrohen lassen. Wir können uns die Schrecken des Krieges vorstellen, ohne dass wir sie explizit auf dem Bildschirm sehen müssen. Das ist aber meine persönliche Meinung und betrifft eigentlich alle Kriege. Ich weiß nicht, welchen Mehrwert es haben sollte, wenn ich sehe, wie Menschen auf schrecklichste Weise nicht mehr wie Menschen behandelt werden.
Von der wissenschaftlichen Seite her und auch aus dem Kontakt mit ukrainischen Kolleg:innen fällt mir das Urteil schwerer. Ich verstehe die Forderung, diese Bilder explizit zu zeigen, damit die Schwere und die Unmenschlichkeit der Verbrechen erfasst werden können. Meine Kolleg:innen aus der Ukraine haben mir auch erklärt, dass es viele Angehörige von Kriegsopfern gibt, deren Ziel es ist, die Bilder ihrer getöteten Familienmitglieder aus den genannten Gründen so oft wie möglich zu zeigen. Das Argument, mit dem Nicht-Zeigen die Würde der Kriegsopfer und ihrer Angehörigen zu schützen, greift hier also nicht. Deshalb bin ich so stark zwiegespalten.
Und auch auf der Seite der Rezipient:innen ist das eine große Frage: Wie gehe ich mit diesen Bildern um? Es gibt dazu mannigfaltige Theorien aus der Bildwissenschaft und aus der Kriegsgeschichte. Immer wieder geht es darum, ob man diesen Bildern gegenüber resistenter wird, wenn man mehr davon sieht, oder ob sie ihre Wirkung behalten. Dazu gibt es keine eindeutige Antwort. Es ist von Bild zu Bild unterschiedlich. Das sind die Herausforderungen unserer Zeit. Wir haben keine fertigen Lösungen, sondern stehen immer vor der individuellen Fallentscheidung.
Funktionen von Bildern
Sie haben es eben schon kurz angesprochen: Welche Funktion haben Bilder aus diesem Krieg für die ukrainische Bevölkerung?
Die Kriegsbilder sind ein tägliches Erinnern. In der Ukraine ist das Gefühl stark, im Stich gelassen worden zu sein. Viele Künstler:innen, aber auch andere Stimmen aus der Öffentlichkeit drücken das aus. Die Hilfe, die aus der ganzen Welt kommt, wird natürlich wahr- und auch dankbar angenommen, aber es ist aus Sicht der ukrainischen Bevölkerung nicht genug. Man empfindet es so, dass vor allem Europa einerseits hilft, aber andererseits auch verdrängen möchte, dass vor der eigenen Haustür solch ein Krieg herrscht. Deswegen sind diese Bilder eine tägliche Vergewisserung und eine tägliche Botschaft: „Schaut hin, was hier geschieht! Es ist immer noch da. Es ist immer noch schrecklich, und es wird schlimmer. Butscha ist nicht vorbei!“ Die Bilder werden wie Munition benutzt. Das Paradoxe dabei ist: Mit dieser Bilderflut wird ein Stück weit auch gegen die Übersättigung mit Bildern angekämpft.
Anfangs hatten Sie auch die russische Seite thematisiert, also die Rückbezüge auf eine sowjetische Bildsprache. Wie ordnen Sie die russische Bildpolitik zum Angriffskrieg in der Ukraine ein?
In Russland ist die Situation völlig anders. Die offizielle Bildpolitik hat sich von Beginn des Angriffskrieges nicht mehr für die Meinung des Westens interessiert. Mit dem Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 hat sich Russland komplett in einen Panzer zurückgezogen. Das bemerkt man zum Beispiel daran, wie selten wir Putin sehen. Er spricht zu seiner Bevölkerung und produziert Bilder für seine Bevölkerung, um zu mobilisieren und seine Propaganda zu verbreiten. Die Verbindungen, die Putin zu anderen Ländern sucht – er hat ja Verbündete –, basieren nicht auf Bildern, sondern auf politischen Interessen. Aber die Bildwirkung nach außen spielt für das System Putin kaum mehr eine Rolle.
Das System „Putin“?
Ich mag es nicht so gerne, über Putin als Person zu sprechen, weil es meiner Meinung nach ein System ist, und er nicht allein alles steuert. Diesem System war klar, dass jegliche Art von Bildpolitik nach außen, vor allem in Richtung Westen, nach dem Einmarsch in die Ukraine nicht mehr funktionieren würde.
In der Ukraine finden sich beide Richtungen: die nach außen, aber es gibt natürlich auch eine Richtung nach innen. Auch wenn man das nicht zu stark generalisieren sollte, geht es dabei vor allem um die eigene Identität und um eine Stärkung der Bevölkerung. Die Menschen werden weniger den schrecklichen und zermürbenden Kriegsbildern ausgesetzt. Die Bildpolitik nach innen ist stärker durch die Haltung „Wir halten durch! Wir halten zusammen! Wir schaffen das!“ gekennzeichnet.
Die Strategie, durch die genutzten Bilder Identität und Gemeinschaft nach innen zu stiften, um die Menschen zu mobilisieren, erscheint für beide Kriegsparteien nachvollziehbar. Sie sagen aber, dass die Bildsprache der russischen Seite nach außen fehlt. Richtig?
Genau. Das ließ sich auch an den Mediendiskussionen in den ersten Kriegsmonaten ablesen, als Putin plötzlich von der Bildfläche verschwunden war und spekuliert wurde, Putin sei wahnsinnig geworden, er sei krank, irgendetwas sei mit ihm los. Nein, dem war nicht so. Denn was für einen Putin hätte Russland Europa und der Welt noch präsentieren sollen?
Die letzten Bilder von ihm entstanden, wenn er auf Festen zur Bevölkerung sprach oder an seinem langen Tisch saß – dieses berühmte Bild. Aber im Grunde konnte man das nicht mehr bedienen. Damit konnte man vonseiten der russischen Bildpropaganda nicht mehr arbeiten. Dieses Muster von Putin-Bildern, das wir seit den frühen 2000er Jahren kennen, ist vorbei, obwohl es lange aufgebaut wurde. Der Westen ist nicht mehr das Zielpublikum. Putin ist nicht verrückt geworden oder versteckt sich nicht. Er hat einfach keinen Grund mehr, diese Bildpolitik nach außen für den Westen zu betreiben.
Wirkmacht von Bildern in Kriegszeiten
Welche Macht haben visuelle Medien in Kriegszeiten?
Es gibt eine sehr lange Geschichte der Bilder vom Krieg. Sie beginnt mit der Erfindung der Fotografie, wenn wir über „Direktbilder“ sprechen. Man könnte aber natürlich noch viel weiter zurückgehen. Bilder sind sehr wichtig, weil sie direkt vermitteln und unsere Wahrnehmung prägen. Die technologischen Entwicklungen in den Kriegen des 20. Jahrhunderts haben komplett neue Bildwirkungen erzeugt. Auch darüber habe ich im Buch geschrieben: vom Ersten über den Zweiten Weltkrieg mit Meilensteinen der Kriegsberichterstattung, aber auch über die Ästhetik der Fotografien aus dem Irak-Krieg. Krieg wird unterschiedlich dargestellt, je nachdem was für eine Wirkung die Bilder auf das Publikum haben sollen. Das bedeutet, wir haben aus Kriegen alle Arten von Bildern: Wir haben Kriegsverletzte, Kriegsopfer, zivile Opfer, kämpfende Soldaten, aber auch solche fast schon hygienisch sterilen Bilder von Krieg als eine Art Operation mit Gerätschaften, die aussehen wie aus irgendeinem Strategiespiel.
Trotzdem hat sich im 21. Jahrhundert einiges verändert, Stichwort: Digitalisierung. Was ist im Angriffskrieg in der Ukraine anders?
Mit der Verbreitung von Sozialen Medien, Smartphones und damit der Möglichkeit für jede Person, jederzeit zu fotografieren und diese Fotos mittlerweile in Echtzeit zu posten und zu verbreiten, gibt es nicht mehr wie zuvor eine kuratierte Bildpolitik. Kriegsbildikonen wie beispielsweise das „Napalm-Girl“ haben wir vom Ukraine-Krieg nicht, sondern eine Flut an Einzelbildern. Das ist meiner Meinung nach eine neue Art von Bildikonen, die sich aus der Menge an Bildern zusammensetzen. Wenn Sie jetzt die Augen schließen und an den Russisch-Ukrainischen Krieg denken, welche Bilder tauchen vor dem inneren Auge auf? Das sind Bilder von Selenskyj in seinem militärischen T-Shirt oder Bilder von den Opfern in Butscha – also nicht das eine Bild, das in den Geschichtsbüchern abgedruckt werden würde. Es sind Meta-Bilder, die sich aus tausenden Bildern mit demselben Motiv zusammensetzen.
Mit dieser digitalen Bilderflut kann sich praktisch jede Person auf dieser Welt ihre eigene Meinung über den Krieg bilden, abhängig davon, welche Kanäle sie nutzt und mit welchen Bildern sie operiert. Genau das ist aber auch das Gefährliche daran: Jede:r kann sich seine Wahrheit vom Krieg selbst kuratieren. Das ist die Rezipient:innenebene. Die andere Seite der Medaille sind die Produzent:innen. Dazu habe ich Gespräche mit Wissenschaftler:innen geführt, die Bilder im Rahmen von „War Studies“ als Kriegstechnik untersuchen.[1] Demnach führt jeder Mensch, der Bilder aus dem Krieg anschaut und ggf. auch weiterpostet, diesen „Bilderkrieg“ mit. Dafür muss man nicht auf dem Schlachtfeld oder im Kriegsgebiet vor Ort sein. Rezipient:innen- und Produzent:innenebene vermischen sich und sind stark ins Kriegsgeschehen involviert. Das erkennt man auch an der Art und Weise, wie Selenskyj von Anfang an jedem Menschen als Teil des Ganzen ins Gewissen geredet hat. Das ist eine interessante Sichtweise, aber natürlich auch nur eine Interpretation. Ich persönlich kann das nachvollziehen. Das Handy ist mittlerweile wie eine Pistole. Auch wenn die Gefahr nicht unmittelbar körperlich ist, kann man andere Menschen mit dem Produzieren und Rezipieren von Bildern gefährden.
In Ihrem Buch habe ich dazu den Begriff „Mit-Mach-Krieg“ gelesen. Trifft es das?
Ja, das ist absolut ein „Mit-Mach-Krieg“ – auch aus der Distanz. Dahingehend müssen wir unser Verständnis dafür, wie Krieg aussieht und was er bedeutet, ausweiten. Die Bilder des 20. Jahrhunderts wurden beispielsweise eher passiv in Zeitungen und im Fernsehen konsumiert. Das ist jetzt nicht mehr so. Wir können von außen als normale Menschen ein Stück weit in diesen Krieg eingreifen, unter anderem indem wir Bilder konsumieren, erstellen, verarbeiten und verbreiten. Ich glaube, viele Benutzer:innen von Smartphones und Sozialen Medien sind sich gar nicht bewusst, was für eine Macht in diesen kleinen Geräten in ihrer Hand steckt.
Aber ist neben der Gefahr, die daraus entsteht, die Multiperspektivität auf das Kriegsgeschehen nicht auch ein Vorteil im Vergleich zu einem eher fremdbestimmten und einseitigen Blick auf die Kriege des 20. Jahrhunderts?
Das würde ich auf jeden Fall bejahen. Allerdings stehen wir dann wieder vor der Herausforderung, wie man das auf eine intelligente Weise tun kann. Wie kann man diese Menge an Bildern verarbeiten? Natürlich ist es ein großer Vorteil, dass es viele Möglichkeiten gibt, auf die unterschiedlichsten Quellen zurückzugreifen. Und das ist wiederum – da können wir auf Ihre anfängliche Frage zur Dokumentation von Bildern zurückkommen – ein großer Vorteil für Forscher:innen. Wir haben einen besseren Zugang und mehr Möglichkeiten, unsere Arbeit zu machen. Aber die Gefahr sehe ich trotzdem darin, dass leider in der breiten Bevölkerung noch zu wenig Kompetenz im Umgang mit Bildern herrscht.
Wie können wir solche Bildkompetenzen entwickeln?
Ich glaube, dass das eine wichtige Aufgabe für unser Bildungssystem ist. Ich habe selbst Kinder, und ich weiß, dass das bisher noch viel zu wenig vermittelt wird. Eigentlich müsste es für Bildkompetenz ein eigenes Fach geben. Denn mit Bildern richtig umzugehen, ist elementar wichtig. Bilder sind schließlich starke Waffen.
Elena Korowin und ich haben im Spätsommer 2024 telefonisch miteinander gesprochen. Ich bedanke mich herzlich für das Gespräch!
Elena Korowin ist Lehrbeauftragte an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Für ihre Dissertation „Der Russen-Boom. Kunstausstellungen als Mittel der Diplomatie zwischen Sowjetunion und Bundesrepublik Deutschland 1970-1990“ wurde sie mit dem ifa-Forschungspreis ausgezeichnet. Neben vielen kuratierten Ausstellungen und einer aktiven Tätigkeit als Kunstkritikerin für verschiedene Zeitungen und Magazine widmet sie sich u.a. den Forschungsschwerpunkten Kunst und Politik, Kunstautonomie, Feminismus und Gender sowie Postcolonial Studies.
[1] Der Workshop mit dem Titel „Digital Wars: Media and Technologies during the War in Ukraine“ fand im Oktober 2023 an der Europa-Universität Flensburg statt. Eine Publikation ist im transcript-Verlag für Juli 2025 angekündigt.
Dieser Artikel ist Teil des Themendossiers: Bilder des Krieges in der Ukraine,
hg. v. d. Visual History-Redaktion
Zitation
Josephine Kuban, Das Schweigen überwinden. Die Kunstwissenschaftlerin Elena Korowin im Interview über ihr Buch „Krieg geht viral. Visuelle Kultur und Kunst im Ukraine-Krieg“, in: Visual History, 27.01.2025, https://visual-history.de/2025/01/27/kuban-korowin-das-schweigen-ueberwinden/
DOI: https://doi.org/10.14765/zzf.dok-2846
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