Das digitale Bild / The Digital Image

DFG-Schwerpunktprogramm (SPP)

 

 

Das DFG-Schwerpunktprogramm (SPP) „Das digitale Bild / The Digital Image“ (seit Ende 2019 unter der gemeinsamen Leitung von Hubertus Kohle, München, und Hubert Locher, Marburg), das exemplarische Projekte aus multiperspektivischer Sicht zusammenführt, thematisiert die zentrale Rolle, die das Bild im komplexen Prozess der Digitalisierung von Wissen in Theorie und Praxis spielt. Grundsätzlich sollen alle beteiligten Projekte zu einem besseren Verständnis der Rolle des digitalen Bildes in der Wissensgesellschaft beitragen und so den bildlichen Charakter des Wissens im digitalen Raum widerspiegeln.

Carousel Processed Picture, Urheber: SPP „Das digitale Bild“, Lizenz: CC0

Vom Code zum Bild

Grundmerkmal der digitalen Technologie ist ihre scheinbare Immaterialität. Objekte und Sachverhalte werden als strukturierte Informationen in Form von maschinenlesbaren Zahlencodes repräsentiert. Während die technisch-operative Basis nach wie vor die Mathematik bzw. Informatik, Electrical Engineering oder Statistik ist und als solche den Gebrauch des Bildes in seiner teilweise radikal veränderten Form erst ermöglicht, hat sich die Technologie und ihre Bedeutung für die weitere Öffentlichkeit seit den 1990er Jahren insofern dramatisch gewandelt, als sie überhaupt ein Gesicht erhalten hat: Visuell strukturierte Benutzeroberflächen (Graphical User Interfaces) ermöglichen seither in allen Bereichen eine Anwendung von komplexen Programmen ohne jegliche mathematische Kenntnisse.

In der Folge ist die digitale Sphäre heute an der Oberfläche und in der allgemeinen öffentlichen Wahrnehmung vordringlich und dominant visuell. Die Feststellung gilt aber nicht nur für die Benutzeroberfläche. Im Zeichen der „Digitalisierung“ ist man auf breitester Front auch dazu übergegangen, die natürliche Welt als Bild zu erfassen und als Bild darzustellen.

Dieser Umbruch innerhalb des Prozesses der „Digitalisierung“ lässt sich mit jener Wendung in den Kunst- und Kulturwissenschaften in Verbindung bringen, die unter dem Begriff des „Iconic/Pictorial Turn“ ins Feld geführt worden ist (W.J.T. Mitchell, 1992/94; Boehm, 1994; Bachmann-Medick, 2006). Die Bedingungen und Möglichkeiten des Phänomens des digitalen Bildes sollen genauer erkundet werden: Das digitale Bild bezeichnet demnach in unserem Verständnis eine bestimmte Form der Gemachtheit des Bildes und der daraus hervorgehenden bzw. dadurch bedingten Umgangsmöglichkeiten, hier eingeschränkt auf den Bereich von künstlerischen, kunsthistorischen, archäologischen, kultur- und medienwissenschaftlichen Sphären, innerhalb derer diese Form von Bildlichkeit zu thematisieren ist.

Angesteuert werden soll neben der genuinen Theoriebildung, die zur Beschreibung der Phänomene der Digitalisierung unabdingbar ist, besonders die experimentelle Entwicklung und Reflexion von technologischen Tools, Algorithmen und Infrastrukturen. Vier Bereiche sind hier zu nennen, die aus den genannten Themen und Problembereichen destilliert werden können, einerseits Bildpräsentation und -generierung, dann Big Data und Cultural Analytics, darüber hinaus Datenbanken und deren Spezifik, schließlich soll hier auch als ein spezieller Bereich die Frage der rechtlichen und sozialen Praxis reflektiert werden, die sich aus der Verlagerung des Bildes ins Netz ergibt.

MR Ultraschal, Urheber: SPP „Das digitale Bild“, Lizenz: CC0

München, Marburg und der virtuelle Raum
Einen besonderen Platz wird die transdisziplinäre Debatte in den Veranstaltungen einnehmen, die in kooperativen Workshops an den beiden Standorten München und Marburg sowie im virtuellen Forschungsraum gemeinsamer Diskussions- und Publikationsplattformen organisiert werden. Dies kann als konzeptionell-entwicklungsorientierte und/oder medienreflexive Position umgesetzt werden. Damit soll die für das SPP zentrale transdisziplinäre Debatte etabliert und der Wissenstransfer erleichtert werden. Nur in einem Schwerpunktprogramm können die in Deutschland verteilten Kompetenzen in diesem Bereich zusammengeführt werden. Das hier vorgestellte Konzept der Zusammenarbeit an zwei starken, relevanten und bewährten Standorten gewährleistet die kompetente Kombination der verschiedenen Aspekte und bietet die notwendige Offenheit in einem sich äußerst dynamisch entwickelnden Umfeld.

 

Projekte

Es geht um eine kritische Thematisierung und Reflexion dieser Dimension als tiefgreifende epistemologische Umwälzung. Nach unserem Verständnis kann dies nur in einem ausgesprochen transdisziplinären Austausch und unter besonderer Einbeziehung der Informationswissenschaften geschehen: In das SPP wurden Projekte aufgenommen, die zum einen den Anteil des Bildes am Digitalisierungsprozess reflektieren, um zu einer Theorie des digitalen Bildes in seiner Verwendung in Kunst, Wissenschaft, Kultur beizutragen; und zum anderen das Phänomen, die Erscheinungsformen und Praktiken des digitalen Turn in seiner visuellen Dimension beschreiben und interpretieren. Drittens zielen sie auf die Praxis der Technologien des digitalen Bildes ab, z.B. die Entwicklung innovativer Formen der Nutzung als Wissensmedium im wissenschaftlichen Umfeld. Die Gewichtung dieser drei Aspekte kann innerhalb eines Projekts grundsätzlich unterschiedlich sein – unter dem Dach des Schwerpunktprogramms sollen sie aber fruchtbar miteinander verbunden werden. Ein Schwerpunkt soll im Bereich der Praxis liegen, und zwar in der Untersuchung und Reflexion von technologischen Instrumenten und sozialen Infrastrukturen.

Lengyel-Parasol-Sevilla, Urheber: SPP „Das digitale Bild“, Lizenz: CC0

Beteiligte Einzelprojekte

Christoph Bareither, Elke Greifeneder, Sharon McDonald/ HU Berlin

Curating Digital Images: Ethnografische Perspektiven auf die Affordanzen digitaler Bilder im Kontext von Heritage und Museen

 

Peter Bell/ FAU Erlangen –Björn Ommer/ U Heidelberg

Bildsynthese als Methode des kunsthistorischen Erkenntnisgewinns

 

Matthias Bruhn/ University of Arts and Design Karlsruhe

Adaptive Bilder. Technik und Ästhetik situativer Bildgebung

 

Peter Geimer/ FU Berlin

Digitale Vergangenheit. Faktizität und Fiktion in der Visualisierung von Geschichte

 

Till Heilmann/ U Bonn

Das prozessierte Bild. Bildverarbeitung im Zeitalter von Photoshop

 

Inge Hinterwaldner/ U Karlsruhe

Browserkunst. Navigieren mit Stil

 

Susanne Leeb/ U Lüneburg

Jameson 2.0. Kognitive Kartierung in der zeitgenössischen Kunst

 

Dominik Lengyel/ U Cottbus –Hubert Locher/ U Marburg

„Architecture Transformed“ – Architekturprozesse im digitalen Bildraum

 

Evelyn Runge/ U Köln

Hinter dem digitalen Bild. Fotografien auf Community-Plattformen und auf Twitter als Repositorien für maschinelles Lernen und journalistische Publikationen

 

Jens Ruchatz/ U Marburg

Bildförmige Bildkritik in Sozialen Medien. Explizites und implizites Theoretisieren des digitalen Bildes

 

Melanie Trede/ U Heidelberg

Japanische Querrollen und Digitale Explorationen: Materialität, Praktiken und Lokalität

 

Martin Langner/ Yahyapour / U Göttingen

Schemata. 3D-Klassifizierung und Kategorisierung der alten Terrakotta-Figuren

 

Programmausschuss

Hubertus Kohle, Hubert Locher, Harald Klinke, Björn Ommer, Heidrun Stein-Kecks

 

Koordinatoren

Prof. Dr. Hubertus Kohle, Institut für Kunstgeschichte,  LMU München, Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte, Kontakt: hubertus.kohle@lmu.de

Prof. Dr. Hubert Locher, Professor für Geschichte und Theorie der Bildmedien, Direktor Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg, Philipps-Universität Marburg, Kontakt: locher@staff.uni-marburg.de

 

DFG-Schwerpunktprogramm (SPP) „Das digitale Bild / The Digital Image“

– der Blog zum Projekt https://www.digitalesbild.gwi.uni-muenchen.de/blog/

– auf Twitter: #DasdigitaleBild

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