Revolution 3.0
Ikonografien gesellschaftlicher Utopien und Diasporas in Afrika
Afrika als ein Kontinent zwischen Dystopie und Aufbruch wirft die Frage danach auf, was als Zukunft projiziert wird und welche Utopien entworfen werden. Es zeigt sich, dass Zukunftsvisionen sowohl an historische Revolutionen anknüpfen und diese umdeuten als auch neue Entwürfe generieren. Dabei beschäftigt sich das Projekt mit Fragen nach der Verwobenheit des Ästhetischen und Politischen in Situationen radikalen gesellschaftlichen Umbruchs und danach: Welche Bilder erweisen sich als wirkmächtig? Welche Bilder werden zu Ikonen, neu besetzt und kombiniert, um Sinn zu stiften? Diese Ikonografien speisen sich aus den visuellen Archiven und können in unterschiedlichen Dispositiven wie Malerei, Fotografie und audiovisuellen Medien bewahrt und (re-)produziert werden.
Im Zentrum stehen diachrone und interkulturelle Bild-Filiationen der longue durée des lusophonen Afrika, die als Teil des visuellen Erinnerungsprozesses mit der Konjunktur politisch-sozialer Bewegungen und rezenten Medienumbrüchen verwoben sind. Die Forschung konzentriert sich zunächst auf das Kernland Mosambik, nicht zuletzt, weil hier direkt nach der Unabhängigkeit (1975) das „Instituto Nacional de Cinema“ gegründet wurde, mit der Zielsetzung, den Mosambikanern „eigene Bilder“ zu geben, die im Gegensatz zu kolonial geprägten Bilderwelten stehen. Hinzu kommt, dass das Land nach der Unabhängigkeit als Teil der „sozialistischen Internationale“ in politische Bewegungen eingegliedert wurde (z.B. Algerien, Angola, Namibia, Burkina Faso, Guinea-Bissau), was sich ebenfalls in den Ikonografien niederschlägt.
Über diesen ideologischen und faktischen Internationalismus ergeben sich Bezüge, die über Afrika hinausweisen (Kuba, DDR, Chile). Die gegenwärtigen Zukunftsentwürfe scheinen hier zwischen politisch-ökonomischem Pragmatismus und nostalgischen Utopien zu changieren, wobei sich die Frage nach dem originär Neuen stellt. Das zentrale Thema ist die Verhandlung aktueller und historischer Zukunftsentwürfe in Ikonografien von Revolutionen und die Erforschung der visuellen Archive, auf die dabei rekurriert wird. Den Gegenstandsbereich verorten wir in einem Dreieck, das sich zwischen bildender Kunst, Film bis hin zu virtuellen Bildwelten im Internet spannt.
„Revolution 3.0“ ist eines von fünf interdisziplinären Projekten der Bayreuth Academy of Advanced African Studies.
T-Shirts in Mosambik. Foto: Ute Fendler © mit freundlicher Genehmigung